Atomraketen, todesmutige Raumfahrer und Abwehrbomben – die Rettung der Erde vor einem Asteroiden auf Kollisionskurs ging in Hollywood längst mehrfach über die Bühne. In der Realität jedoch gibt es bisher kaum funktionierende Lösungsansätze zur Meteoritenabwehr. In Großbritannien soll jetzt ein neues, dreijähriges Forschungsprojekt realistische Abwehrmaßnahmen erforschen.
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”Wir wollen das Ganze als Ingenieure untersuchen”, erklärt Colin McInnes, Professor für Raumfahrttechnik an der Universität von Strathclyde. Seiner Ansicht nach sind alle brillanten Abwehrpläne sinnlos, wenn sie mit der heutigen Technologie nicht realisierbar sind oder aber mehr Gefahren beraufbeschwören als beseitigen.
Verdampfen statt Sprengen
Das von Hollywood gerne gezeigte Zerstören eines Meteoriten durch eine Sprengladung würde das himmlische Geschoß nur in hunderte von Stücke zerteilen, die dann als Meteoritenhagel auf die Erde niedergehen würden. „Statt einer Kanonenkugel hat man dann einen Schrotschuss“, kommentiert McInnes.
Die Wissenschaftler wollen stattdessen alternative Methoden erforschen. So könnten beispielsweise riesige Spiegel im Weltraum genutzt werden, um konzentriertes Sonnenlicht auf das sich annähernde Objekt zu strahlen. Die starke Hitze könnte einen Teil des Asteroiden verdampfen lassen und so eine natürliche Rückstoßdüse bilden, die den Himmelskörper aus seiner Kollisionsbahn lenkt. Eine andere Möglichkeit wäre eine direkte Kollision nicht mit einer Sprengladung oder Rakete sondern mit einer Raumsonde, um eine Ablenkung zu erreichen.
Zusammensetzung des Asteroiden entscheidend
Der erste entscheidende Schritt zu einer erfolgreichen Abwehr eines Asteroiden auf Kollisionskurs ist jedoch, so die Forscher, das Wissen um seine Zusammensetzung. Von reinem Gestein über Metall bis hin zu einem Gemisch aus Eis, Staub und Gesteinstrümmern ist alles möglich. „Eines der Hauptziele dieser Studie ist es, eine bestimmte Abwehrstrategie für den jeweiligen Asteroidentyp zu finden“, erklärt Gianmarco Radice, Professor für Raumfahrttechnologie an der Universität Glasgow und ebenfalls an der Studie beteiligt. So könnte ein Weltraumspiegel zwar bei einem Eis-und-Staub-Asteroiden wirken, für einen massiven Himmelskörper aber wäre vermutlich die Kollisionslösung effektiver.
Flexiblere Raummissionen nötig
Doch es gibt noch eine Hürde, die es zu überwinden gilt: In der Raumfahrt sind normalerweise Position und Bahn des angesteuerten Ziels einer Raumsonde oder Rakete ganz genau bekannt und berechnet, der Kurs des Raumschiffs wird exakt darauf abgestimmt. Bei der Abwehr eines Asteroiden aber ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Objekt erst spät entdeckt wird und schnell gehandelt werden muss – ohne die genauen Bahndaten bereits zu kennen.
„Wir müssten wahrscheinlich eine Ablenkungsmission starten, ohne eine klare Vorstellung davon zu haben, wohin wir eigentlich zielen“, so McInnes. Die Forscher wollen daher Strategien entwickeln, wie solche Missionen zunächst in ungefähre Bahnen geschossen werden können, die dann im All entsprechend der neuen Erkenntnisse korrigiert werden können. Dafür allerdings wird zusätzlicher Treibstoff gebraucht, denn die bisher üblichen Tankfüllungen reichen für solche Manöver nicht aus. Auch die Navigationsstrategien müssten dafür deutlich flexibler werden. Wie dies geschehen kann, soll das Forschungsprojekt zeigen.
(Engineering and Physical Sciences Research Council (EPSRC), 28.09.2005 – NPO)