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Astronomie

Blaues Leuchten um Andromedas Kern

Rätselhafte Sternenscheibe um Schwarzes Loch entdeckt

Blaues Leuchten in der Andromedagalaxie © NASA, ESA, A. Feild (STScI)

Seit mehr als einem Jahrzehnt gibt ein seltsames blaues Leuchten in der Andromedagalaxie den Astronomen Rätsel auf. Es umgibt das supermassive schwarze Loch im Zentrum unseres galaktischen Nachbarn, doch was es auslöst, war bisher unbekannt. Mithilfe des Weltraumteleskops Hubble haben Astronomen jetzt zwar die Quelle des Leuchtens entdeckt – dabei aber eher noch mehr Rätselhaftes enthüllt.

Das blaue Leuchten in der Galaxie M31 stammt von einer Scheibe heißer junger Sterne, die – ähnlich wie Planeten um ihren Zentralstern – um das Schwarze Loch kreisen. Und genau das verblüfft die Astronomen. Denn eigentlich müssten die extremen Anziehungskräfte des Schwarzen Lochs alle Materie in seiner Nähe zerreißen und damit die Bildung von Sternen verhindern. Stattdessen finden in der pfannekuchenförmigen Gas- und Staubwolke scheinbar ganz normale Sternengeburten statt.

“Diese Sterne zu sehen ist genauso, wie einen Zauberer dabei zu beobachten, wie er ein Kaninchen aus seinem Zylinder zieht. Du weißt, dass es passiert, aber nicht wie“, erklärt Tod Lauer vom Nationalen Optischen Astronomieobservatorium in Tucson, Arizona. Er gehört einem internationalen Forscherteam unter der Leitung von Ralf Bender vom Max-Plack-Institut für extraterrestrische Physik in Garching an, das mithilfe des Weltraumteleskops Hubble neue spektroskopische Analysen des Leuchtens durchgeführt hat.

400 junge Sterne am kosmischen Abgrund

Ihre Ergebnisse enthüllen, dass das blaue Leuchten von mehr als 400 dicht an dicht stehenden Sternen herrührt, die in einem Ausbruch von Aktivität vor rund 200 Millionen Jahren entstanden sein müssen. Die nur ein Lichtjahr breite Sternenscheibe sitzt im Inneren eines elliptischen rings aus älteren, röteren Sternen, die bereits in vorherigen Beobachtungen entdeckt worden waren.

Unter dem Einfluss der Anziehungskraft des Schwarzen Lochs bewegen sich die jungen Sterne extrem schnell: Bei ihrer Geschwindigkeit von 3,6 Millionen Kilometern pro Stunde bräuchten sie gerade einmal 40 Sekunden, um die Erde einmal zu umkreisen und rund sechs Minuten, um den Mond zu erreichen.

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Schwarzes Loch bestätigt

Neben der Enthüllung der Leuchtquelle lieferte die aktuelle Analyse auch endgültige Beweise dafür, dass sich im Kern der Andromedagalaxie tatsächlich ein supermassives Schwarzes Loch verbirgt, und nicht eine Ansammlung dunkler, toter Sterne, wie von alternativen Theorien vorgeschlagen. Aus den Daten geht eindeutig hervor, so die Forscher, dass es sich um ein Schwarzes Loch des Äquivalents von 140 Millionen Sonnen handelt – drei mal massiver als zuvor angenommen.

„Jetzt, wo wir bewiesen haben, dass das Schwarze Loch tatsächlich im Zentrum der blauen Sternenscheibe sitzt, ist die Entstehung dieser Sterne eher noch schwieriger zu erklären“, erklärt Bender. „Das Gas, das die Sterne bildet, muss so schnell um das Schwarze Loch kreisen, dass eine Sternenentstehung nahezu unmöglich erscheint. Aber die Sterne sind nun einmal da.“

Doch keine Ausnahme von der Regel?

Nach Ansicht der Astronomen könnten im Kern von Andromeda schon früher ähnliche Sternenscheiben entstanden sein: „Die blauen Sterne in der Scheibe sind so jung, dass es unwahrscheinlich ist, dass in der zwölf Milliarden Jahre langen Geschichte von Andromeda ein so kurzlebiges Phänomen nur und ausgerechnet jetzt entstanden sein soll“, erklärt Lauer. „Deswegen vermuten wir, dass der Mechanismus, der diese Sternenscheibe formte, in der Vergangenheit schon andere erzeugt hat. Wie sich eine solche Scheibe allerdings überhaupt dort bilden kann, wissen wir noch immer nicht. Das bleibt ein Rätsel.“

Obwohl die Astronomen überrascht waren, überhaupt eine solche Ansammlung blauer, junger Sterne um ein supermassives Schwarzes Loch kreisend zu finden, könnte die rätselhafte Anordnung ihrer Ansicht nach möglicherweise gar nicht so ungewöhnlich sein. „Die Dynamik im Kern dieser Nachbargalaxie könnte verbreiteter sein als wir angenommen haben“, so Lauer. „Unsere Milchstraße scheint sogar noch jüngere Sterne nahe seines eigenen Schwarzen Loches zu haben. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass nur die beiden nächstgelegenen Großen Galaxien diese seltsame Aktivität aufweisen. Daher könnte dieses Verhalten doch keine Ausnahme von der Regel sein.

(ESA/Hubble Information Centre, 21.09.2005 – NPO)

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