Die Multiple Sklerose (MS) zählt zu den häufigsten Autoimmunerkrankungen des Menschen. Ihre Symptome lassen sich jedoch mithilfe von bestimmten Antikörpern gut bekämpfen. Das haben Wissenschaftler der Universitäten Würzburg und Göttingen im Tiermodell gezeigt. Die Forscher hoffen jetzt auf eine neue Therapie, die möglicherweise auch bei anderen Autoimmunerkrankungen hilft.
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Bei Autoimmunkrankheiten greifen Zellen des Immunsystems irrtümlicherweise den eigenen Körper an. Diejenigen Immunzellen, die dazu prinzipiell in der Lage sind, finden sich in den meisten Menschen. Trotzdem erkrankt nur ein Teil der Betroffenen. Das liegt daran, dass die potenziellen Bösewichter, die so genannten autoreaktiven T-Lymphozyten, von speziellen Aufpassern in Schach gehalten werden, den regulatorischen T-Zellen.
Von Patienten mit Multipler Sklerose oder insulinpflichtigem Diabetes ist bekannt, dass bei ihnen entweder nicht genug Aufpasser vorhanden sind oder dass deren Funktion eingeschränkt ist. „Das spricht dafür, dass ein Ungleichgewicht zwischen regulatorischen und autoreaktiven T-Zellen zum Entstehen dieser Krankheitsbilder beiträgt“, sagt Professor Thomas Hünig von der Uni Würzburg.
Antikörper steigert Zahl und Aktivität der T-Zellen
Bisher habe es kein Mittel gegeben, um die Aufpasser-Zellen direkt für die Therapie einzuspannen. Doch Hünig und seine Mitarbeiter am Institut für Virologie und Immunbiologie haben einen monoklonalen Antikörper entdeckt, der die Aktivität von T-Zellen ungewöhnlich stark stimuliert. In Versuchstieren steigert der Antikörper Zahl und Aktivität der regulatorischen T-Zellen um ein Vielfaches. Seine Weiterentwicklung für therapeutische Zwecke beim Menschen erfolgt durch das Würzburger Biotech-Unternehmen TeGenero AG, das auf Initiative von Hünig gegründet wurde.
Jetzt wollten die Forscher zusammen mit der Arbeitsgruppe von Professor Ralf Gold vom Institut für MS-Forschung der Uni Göttingen herausfinden, ob dieser Antikörper auch den Verlauf einer Autoimmunerkrankung beeinflussen kann. Dafür benutzten sie ein Tiermodell für die Multiple Sklerose, die so genannte „Experimentelle Autoimmune Enzephalomyelitis“: Ähnlich wie bei der MS wandern dabei Immunzellen ins Zentrale Nervensystem ein und zerstören dort wichtige Schaltzentren. Das führt zu MS-ähnlichen Symptomen, etwa zu einem unsicheren Gang und zur Lähmung der Gliedmaßen.
Wie die Forscher in der Zeitschrift „The Journal of Experimental Medicine“ berichten zeigten die Versuche, dass schon die einmalige Gabe des Antikörpers ausreicht, um die Aktivität der Krankheit deutlich zu drosseln. Hünig: „Nun gilt es, das am Tiermodell ausgearbeitete Wirkprinzip für eine Therapie von Autoimmunerkrankungen des Menschen weiter zu entwickeln.“
(idw – Universität Würzburg, 09.08.2005 – DLO)