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Medizintechnik

Virtuelle Modelle von „Wirkstoff-Automaten“

Simulation erspart Labortests von Arzneimittel-Implantaten

Kollagenmaterial von Arzneimittel-Implantaten © Universität Erlangen-Nürnberg

Medikamente wirken dann am besten und schonendsten, wenn sie direkt am Krankheitsherd eingesetzt werden und ihre Wirkstoffe über längere Zeit hinweg dosiert abgeben. Implantate, die Arzneistoffe mit einer Hülle aus Kollagen umgeben, könnten dies leisten. Wie sie wirken und was sich dafür eignet, muss jedoch zunächst getest werden. Deutsche Forscher haben dafür jetzt Modelle entwickelt, die langwierige Labortest ersetzen könnten.

Solche Trägersysteme werden von Körperenzymen nach und nach abgebaut und geben ihre Fracht in kleinen Portionen frei. Unbedingt muss dabei Verlass darauf sein, dass die Wirkstoffe in der richtigen Dosis freigesetzt werden. Mathematiker aus Erlangen und Pharmakologen aus München arbeiten gemeinsam daran, dies mit Hilfe virtueller Experimente abzusichern.

Arzneistoff-Trägersysteme aus Kollage-Gel werden beispielsweise in Tumore implantiert, um das unkontrollierte Zellwachstum an Ort und Stelle zu bremsen. Schwammartig aufgebaute Kollagenträger enthalten Antibiotika, die Infektionen vorbeugen und eindämmen, oder Wachstumsfaktoren, welche die Neubildung von Haut, Knochen, Nerven und anderen Geweben anregen.

Bevor jedoch ein solcher „Wirkstoff-Automat“ im Körper in Aktion treten kann, muss sichergestellt werden, dass über bestimmte Zeiträume weder zu viel noch zu wenig pharmazeutische Substanzen abgegeben werden.

Simulation statt Labortest

An die Stelle von Tests mit Zellkulturen und Versuchstieren setzen Prof. Peter Knabner vom Lehrstuhl für Angewandte Mathematik I der Universität Erlangen-Nürnberg und Prof. Wolfgang Frieß vom Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Ludwig-Maximilians-Universität München hier Experimente am Computer.

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Die Realität in mathematische Modelle zu fassen, ist eine Aufgabe, die Computer schnell an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bringen kann. Für den Abbau der Kollagenträgersysteme im Organismus und die Freigabe der Wirkstoffe, die damit einhergeht, schaffen Systeme von nichtlinearen Differentialgleichungen ein Abbild in der Mathematik. Diese Systeme sind jedoch zu komplex, um zu Lösungen gelangen zu können. Daher setzen die Wissenschaftler nun numerische Verfahren ein, welche Lösungen der Gleichungen nur an repräsentativen Positionen, den sogenannten Stützstellen, berechnen und dadurch die realen Prozesse auf kontrollierte Weise vereinfachen.

Damit wird die Umformung in einfachere Gleichungssysteme möglich, die sich dann per Computer lösen lassen. Auch dann noch bleiben nichtlineare Gleichungen übrig, die bis zu einer Million unbekannte Größen enthalten können, und das für jeden „Schnappschuss“, der einen Punkt der zeitlichen Entwicklung festhält. Dennoch ist es gelungen, den Abbau des Kollagens und die Freigabe der Arzneistoffe wirklichkeitsgetreu widerzuspiegeln.

Derzeit wird die Simulationssoftware weiter ausgebaut, um für den Einsatz im Design kollagener Arzneistoffträgersysteme bereit zu sein. Gleichzeitig wird die Herstellungstechnologie weiterentwickelt, damit die Produkte den Vorgaben der mathematischen Modelle genügen. Von beiden Seiten sind die Forschungen also auf dem besten Weg, Antibiotika oder Wachstumsfaktoren im Kollagen-Mantel für die Therapie zur Verfügung zu stellen.

(Universität Erlangen-Nürnberg, 27.04.2005 – NPO)

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