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Geowissen

Anden im Höhenrausch

Höchster Gipfel neu vermessen

Aconcagua - Amerikas höchster Berg © NOAA

Forschern der Technischen Universität Wien ist es mithilfe modernster GPS-Technologie und wissenschaftlicher Software gelungen, den Gipfel des südamerikanischen Aconcagua mit 6962,97 Metern über Meeresniveau neu zu bestimmen. Bislang schwankten die Höhenangaben zwischen 6.950 und 7.010 Metern. Damit bleibt der argentinisch-chilenische Berg der höchste Gipfel der Südhalbkugel.

Bedingt durch seine geografische Lage – die Nazca-Platte taucht an der chilenischen Küste unter die südamerikanische Platte – verfügt der Aconcagua über großes Veränderungspotenzial. Das heißt, dass sich die Höhe des Berges aufgrund der starken tektonischen Bewegungen, die dort stattfinden, relativ stark verändern kann. Das konnte jedoch bis dato nicht festgestellt werden, da die Höhe des Aconcagua in den letzten 100 Jahren doch eher sehr unterschiedlich angegeben wurde. Waren die einen davon überzeugt, er sei 6.950 Meter hoch, gingen die anderen davon aus, dass der Berggipfel auf 7.010 Meter liegt.

Alte und neue Technologie bisher nicht zufriedenstellend

Die unterschiedlichen Angaben sind auf die mittlerweile veraltete Messtechnologie der Höhenbestimmungen von Bergen zurückzuführen. Die frühere Winkelmessung beruht nämlich darauf, dass der Berg aus großer Entfernung und nur von unten, dass heißt vom Fuß des Berges aus, vermessen wurde, was zu einer großen Unsicherheit führte.

Selbst der Einsatz von GPS im Jahr 2001 hat keine ausreichende Lösung des Problems geboten. Damals wurde der Aconcagua nur vom Gipfel aus vermessen. Wie man sich vorstellen kann, liegt aber genau darin der große Schwachpunkt: die Bergsteiger, die ja gleichzeitig auch die Vermesser sind, können sich am Gipfel wegen der Belastung und der dünnen Luft nur für kurze Dauer aufhalten. Für eine exakte Positionsbestimmung benötigt man aber mehrere Stunden – viel zu lange für eine GPS-Messung rein vom Gipfel aus. Deshalb ist die von der italienischen Expedition 2001 ermittelte Höhe auch wieder verhältnismäßig ungenau.

Mit Basislager und wissenschaftlicher Software zum Erfolg

„Meinen Studenten ist es nicht nur gelungen, die Höhe des Aconcagua mit 6.962,97 Metern exakt zu bestimmen sondern sie haben den höchsten Punkt exakt markiert, damit er wiederauffindbar ist. So kann man in Zukunft sehr gut beobachten, wie sich der Aconcagua über die Jahre verändert. Die starken tektonischen Bewegungen, die in dem Gebiet vorkommen, und die Erosion setzen dem Aconcagua stark zu und können ihn über die Jahre wachsen oder schrumpfen lassen,“ streicht Harald Schuh, Vorstand des Instituts für Geodäsie und Geophysik der Technischen Universität Wien die Bedeutung der Leistung der Studenten hervor.

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Die wahre Höhe des Aconcagua konnte im wesentlichen aus zwei Gründen bestimmt werden. Einerseits wurden die Messdaten diesmal mit einem wissenschaftlichen Softwarepaket ausgewertet, andererseits erfolgte die Vermessung des Berggipfels relativ zu einer im Basislager auf 4.370 Metern aufgestellten Referenzstation. Vor Ort im Basislager mussten die Studenten ihr Können zeigen, denn statt des erwarteten Stromgenerators, der für ausreichend Strom hätte sorgen sollen, mussten die Studenten statt dessen in kürzester Zeit einen Solarkollektor umbauen, um damit den GPS-Empfänger zu betreiben.

Aconcagua-Gipfel leicht zu orten

Zu aller erst haben die Studenten im Basislager „Plaza de Mulas“

mittels GPS dessen genaue Position in einem globalen Koordinatensystem bestimmt. Mit diesem Wissen ausgestattet, machten sich die jungen Wissenschafter auf den Weg, den Aconcagua zu bezwingen. Der Aufstieg vom Basislager zum Gipfel dauerte insgesamt 3 Tage, am 17. Februar 2005 war es dann so weit. Der höchste Punkt des Aconcagua wurde markiert und in einer zweistündigen GPS-Messung bestimmt.

Die Vermessung am Gipfel war dann relativ einfach: das Gerät wurde in Betrieb genommen, die Signale vom Satelliten empfangen und auf der Speicherkarte gesammelt. Zurück im Basislager wurde die Karte ausgelesen und die Daten gesichtet. Eine erste Auswertung der Daten erfolgte 2 Wochen später an der TU Wien. Ein sehr interessantes Detail sei hier erwähnt: während die zuerst zu berechnende, sehr exakte Höhe in einem durch die GPS-Satelliten vorgegebenen Koordinatensystem mit

6995,13 m nur knapp an dem Siebentausender vorbeischrammte, liegt die daraus ermittelte Meereshöhe von 6962,97 m doch ein ganzes Stück unter der „magischen Grenze“.

Die Studenten hatten bei ihrer insgesamt dreiwöchigen Expedition großes Glück. Nicht nur, dass ihnen die einzig wirklich exakte Höhenbestimmung des Aconcagua seit 100 Jahren gelungen ist, hat auch das stabile Wetter maßgeblich zum Erfolg beigetragen. Immerhin scheitern rund 60% aller Bergsteiger bei ihrem Wunsch, den Aconcagua zu bezwingen, am Wetter. Windspitzen mit bis zu 240 km/h sind keine Seltenheit.

(Technische Universität Wien – idw, 20.04.2005 – AHE)

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