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Materialforschung

Haut aus Luft gegen Reibung

Spezielle bionische Oberflächen sollen Luftschicht festhalten

Borsten der Wasserspinne in Nahaufnahme © Uni Bonn

Schiffe könnten vielleicht in Zukunft weit reibungsärmer und damit energiesparender als bislang durchs Wasser gleiten und auch Schwimmer könnten von speziellen Oberflächenstrukturen nach Vorbild der Natur profitieren. Der Trick: Eine Luftschicht sollen diese Vision möglich machen – so zumindest die Vorstellung von Wissenschaftlern der Universität Bonn.

Wenn sie taucht, schlüpft die Wasserjagdspinne in ein silbrig glänzendes Kleid: Ihr Körper überzieht sich dann mit einer Haut aus Luft, die verhindert, dass die Spinne feucht wird. Unzählige kleine Borsten halten die Luftschicht gefangen, so dass der Wasserstrom sie nicht fortreißen kann. Für den Räuber dient die Schicht bei ihrer Jagd nach Fischen als Sauerstoffflasche: Sie trägt ihren Luftvorrat auch unter Wasser immer mit sich.

„Wir interessieren uns aus einem Grund für dieses Phänomen“, erklärt Zdenek Cerman vom Bonner Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen. „Dünne Luftschichten können die Oberflächenreibung drastisch vermindern und sind daher beispielsweise für den Schiffsbau oder für die Konstruktion reibungsarmer Rohrleitungen interessant.“ Das Problem: Bislang lassen sich keine Materialien herstellen, die in strömendem Wasser Luft über einen längeren Zeitraum festhalten können. „Manche Pflanzen und Tiere können das aber augenscheinlich; wir wollten herausfinden, warum.“

Die Bioniker um Professor Dr. Wilhelm Barthlott haben dazu rund 25

Pflanzen- und Tierarten genauer unter die Lupe genommen. Dabei stießen sie auf interessante Strukturen: So finden sich auf dem Körper der Wasserspinne zahlreiche kurze Borsten, die sich durch den Wasserdruck wie die Bügel eines Fangeisens über die Luftschicht legen und so verhindern, dass diese davongespült wird.

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Ziel ist es nun, ähnliche Oberflächen auch künstlich herzustellen.

Schon heute gibt es beispielsweise Schiffe, bei denen ein Kompressor ihren Rumpf während der Fahrt über zahlreiche feine Düsen mit Luft umspült. Durch diese „Microbubble-Technik“ verringert sich der Energieverbrauch um rund 10 Prozent – ein Vorsprung, der durch den stromfressenden Kompressor aber zum großen Teil wieder aufgezehrt wird. „Unser Ansatz ist ein anderer“, erklärt Cerman; „unsere Oberflächen sollen die Luft passiv festhalten, so dass man die Schicht nicht permanent erneuern müsste.“

„Luftbeschichtete“ Materialien werden zudem nicht nass – ein Vorteil, der sie auch für die Herstellung von Textilien interessant macht, beispielsweise für die Produktion schnell trocknender Badeanzüge. Cerman und seine Kollegen haben in Kooperation mit dem Institut für Textil- und Verfahrenstechnik in Denkendorf bereits einen Stoff herstellen können, der selbst nach vier Tagen noch absolut trocken ist, wenn man ihn aus dem Wasser zieht – zehnmal länger als heute erhältliche Hightech-Textilien. Für weitere Entwicklungen sieht Cerman aber im wahrsten Sinne des Wortes noch Luft: „Das ist ein allererster Prototyp, der im Rahmen einer Pilotstudie entstanden ist; daran lässt sich noch einiges optimieren.“

(Universität Bonn, 10.03.2005 – NPO)

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