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Biologie

Warum leben kleine Hunde länger als große?

Schnelles Wachstum als Welpen könnte spätere Lebensdauer beeinträchtigen

Berner Sennenhund und Chihuahua: Kleine Hunderassen leben fast doppelt so lang wie große - aber warum? © cynocub/ iStock.com

Rätselhafte Diskrepanz: Der Chihuahua lebt fast doppelt so lange wie eine Dänische Dogge – und auch andere kleine Hunderassen sind langlebiger als ihre großen Verwandten. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen könnten nun US-Forscher gefunden haben. Sie stellten fest, dass die Welpen großer Hunderassen viel mehr schädliche freie Radikale in ihren Zellen produzieren. Dieser frühe oxidative Stress könnte ihre Lebensdauer später verkürzen.

Für die meisten Tiere gilt: Je größer, desto langlebiger. So werden Grönlandhaie bis zu 400 Jahre alt, Elefanten fast 50 Jahre und Löwen können in Gefangenschaft immerhin bis zu 25 Jahre alt werden. Mäuse und Ratten dagegen leben nur zwei bis drei Jahre. Worauf diese Unterschiede beruhen, ist bisher nur in Teilen geklärt. Auffallend scheint aber, dass viele große Tiere einen langsameren Metabolismus haben – sie leben sozusagen in Zeitlupe.

Dogge lebt halb so lange wie Papillon

Doch Hunde passen nicht in dieses Bild: Bei ihnen sind es ausgerechnet die kleinen Rassen, die im Durchschnitt länger leben. Ein Irischer Wolfshund oder eine Dänische Dogge sterben oft schon nach etwa sieben Jahren, während Minihunde wie die Chihuahuas oder Papillons bis zu zehn Jahre länger leben können.

Aber warum? Um das herauszufinden, haben Josh Winward und Alex Ionescu von der Colgate University in New York 80 Gewebeproben von Welpen und ausgewachsenen Hunden großer und kleiner Hunderassen analysiert und verglichen. Der Fokus ihrer Analysen lag dabei auf Freien Radikalen und Stoffwechselprodukten, die auf erhöhten Zellstress durch diese aggressiven Moleküle hindeuten.

Radikalschwemme bei den Welpen

Das Ergebnis: Zur Überraschung der Forscher gab es beim Radikalgehalt der ausgewachsenen Hunde keine Unterschiede zwischen großen und kleinen Rassen. Die Zellen beider Größengruppen enthielten etwa gleich viele dieser reaktiven Moleküle. Dafür aber fanden sich bei den großen Hunden erhöhte Mengen von Gluthation, einem als Antioxidans wirkenden Molekül.

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Warum das so ist, enthüllte ein Blick auf die Welpen: Die Zellen der jungen Doggen, Wolfshunde und Co enthielten eine wahre Schwemme der schädlichen Freien Radikale, wie die Forscher berichten. Trotz zahlreich vertretener Antioxidantien schafften es die Zellen dieser Welpen offenbar nicht, die starke Produktion dieser Moleküle auszugleichen. Bei den Welpen der kleinen Hunderassen fehlte dieser Radikalüberschuss.

Oxidativer Stress durch schnelles Wachstum

Nach Ansicht der Forscher könnte das schnelle Wachstum der Welpen großer Hunderassen hinter diesem Phänomen stecken – und vielleicht auch hinter ihrer Kurzlebigkeit. Weil Dogge und Co in kurzer Zeit viel an Größe und Gewicht zulegen müssen, läuft ihr Stoffwechsel im Welpenalter auf Hochtouren. Das jedoch erzeugt einen oxidativen Stress, der schon in jungem Alter die Zellen der Hunde nachhaltig schädigen kann.

Werden diese großen Hunderassen dann erwachsen, tragen diese aus der Jugend stammenden Zellschäden dazu bei, dass sie schneller altern – so jedenfalls die Hypothese der Wissenschaftler. Doggen, Wolfshunde und Co müssen sozusagen im Alter dafür büßen, das sie als Welpen so schnell groß werden mussten. Bei anderen großen Säugetieren tritt dieser Effekt dagegen nicht auf, weil sie im Vergleich zu kleineren Tierarten sehr viel langsamer wachsen.

Die Freien Radikale und der von ihnen verursachte Zellstress wären demnach die Hauptursache für die kürzere Lebensdauer großer Hunderassen. Dies passt gut zu den Ergebnissen einer älteren Studie: Nach dieser tragen Tierarten mit einem eher kurzen Leben 13 Genvarianten, die ihre Atmungsproteine anfälliger gegenüber oxidativem Stress machen. Auch diese Forschergruppe sah in den Freien Radikalen und ihren Auswirkungen einen Schlüsselfaktor für ein frühes Altern. (Annual meeting of the Society for Integrative and Comparative Biology)

(Science News, 13.01.2017 – NPO)

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