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Materialforschung

DVD-Material als optischer Schalter

Forscher beobachten ultraschnelle Änderung der optischen Eigenschaften bei Laserbeschuss

Beugungsbild des GST-Kristalls (links) und des amorphen Materials. Es zeigen sich deutliche Unterschiede. © Fritz-Haber-Institut der MPG

Neue Karriere für DVDs: Das Material der silbrigen Scheiben entpuppt sich als ultraschneller optischer Schalter. Denn die Verbindung aus Germanium, Antimon und Tellur wechselt bei Laserbeschuss ihre optischen Eigenschaften, noch bevor sich die Materialstruktur ändert. Und damit könnte sie sich als Lichtschalter für die optische Kommunikation oder Datenverarbeitung eignen, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Materials“ berichten.

Der Speichermechanismus in wiederbeschreibbaren DVDs beruht darauf, dass Laserpulse die Struktur des Materials neu arrangieren: Die Verbindung Ge2Sb2Te5, von Fachleuten kurz GST genannt, wechselt dabei sehr schnell von einer stark reflektierenden kristallinen Form in eine transparentere, ungeordnete Variante. Die beiden Zustände codieren dann die Nullen und Einsen digitaler Information. Soweit – so bekannt.

Wechsel schon vor Strukturänderung

Doch Lutz Waldecker vom Fritz-Haber-Institut in Berlin und seine Kollegen haben jetzt herausgefunden, dass sich die optischen Eigenschaften des DVD-Materials schon ändern, bevor der Kristall schmilzt und seine Struktur ändert. Dies zeigte sich, als die Forscher GST mit zwei kurz aufeinander folgenden Laserpulsen bestrahlten und mit dem zweiten Atom- und Elektronengefüge des Materials erfassten.

Wie sich zeigte, blieb das regelmäßige Arrangement der Atome länger erhalten als die elektronische Struktur. Während diese instantan umsprang, schmolz der GST-Kristall erst gut fünf Pikosekunden nach dem ersten Laserblitz. Das aber bedeutet, dass die für optischen Anwendungen wichtigen Eigenschaften wie Transparenz, Reflektivität und Absorptionsfähigkeit nicht nur extrem schnell wechseln, sie geschehen auch unabhängig vom Strukturwechsel des Materials.

Kristallin und transparent: Kristallines GST reflektiert sichtbares Licht. Wenn es von einem Blitz infraroten Lichts getroffen wird, verändern sich die optischen Eigenschaften in weniger als 100 Femtosekunden – eine Femtosekunde entspricht dem Millionstel Bruchteil einer Milliardstel Sekunde. Dann reflektiert das Material 10 Prozent weniger Licht, seine Transparenz erhöht sich aber um 40 Prozent. Wie die Bilder der Elektronenbeugung (graue Ringe) zeigen, bleibt die kristalline Struktur dabei erhalten. Das Kristallgitter braucht gut fünf Pikosekunden, bis es sich soweit aufgeheizt hat, dass es schmilzt. In diesem amorphen Zustand lässt das Material 70 Prozent eines Lichtstrahls passieren. Wenn man die Energie des infraroten Laserblitzes extrahieren könnte, ehe der Kristall geschmolzen ist, ließen sich die optischen Eigenschaften ändern, ohne dass das Material eine andere Struktur annimmt. © Nature Materials 2015

Elektronen reagieren sofort

Für die Wissenschaftler war das ziemlich überraschend. „Bislang dachte man, das optische Verhalten wechselten so schnell, weil sich die Struktur ändere“, sagt Koautor Ralph Ernstorfer vom Fritz-Haber-Institut. Ursache dieser überraschend schnellen Schaltung sind die delokalisierten Elektronen im DVD-Material. Sie werden durch die Energie des Laserpulses sofort in andere Zustände versetzt und beeinflussen damit das Gesamtverhalten des Materials.

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Dieser neu entdeckte Effekt könnte sich ausnutzen lassen, um neuartige photonische Bauteile zu konzipieren. „GST könnte sich etwa für Modulatoren in der optischen Kommunikation oder für Bauelemente in einer optischen Computertechnik eignen“, sagt Ernstorfer. Allerdings muss dafür verhindert werden, dass der Kristall nach dem optischen Umschalten seine Struktur verliert. Denn auf Dauer kommt es dadurch zu Brüchen im Material und das GST ist dadurch nicht beliebig oft umschaltbar.

Schmelzen verhindern

Für einen schnellen Schalter im optischen Datenstrom gehört aber genau das zum Anforderungsprofil. „Wenn es gelänge die Energie, die für die Strukturänderung erforderlich ist, schnell abzuführen, ließe sich die kristalline Struktur erhalten“, sagt Waldecker. Rasch abfließen könnte die Energie, wenn eine GST-Schicht zwischen zwei dünnen Graphit-Schichten oder gar zwischen zwei Graphenlagen eingeschlossen würde. Genau mit solchen Sandwiches verschiedener Materialien, werden die Physiker nun weiter experimentieren. (Nature Materials, 2015; doi: 10.1038/NMAT435)

(Max-Planck-Gesellschaft, 29.07.2015 – NPO)

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