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Medizin

Forscher finden Mittel gegen Kreisrunden Haarausfall

Molekül stoppt den Angriff der Abwehrzellen und lässt die Haare wieder nachwachsen

Der Kopf eines Probanden mit Kreisrundem Haaruasfall anfangs und nach drei Monanten Behandlung mit Ruxolitinib. © Julian Mackay-Wiggan

Neue Hoffnung für Menschen mit Kreisrundem Haarausfall: Forscher haben erstmals ein Mittel gefunden, das diese Autoimmunkrankheit stoppt. Bei ersten Probanden wuchsen dadurch schon nach wenigen Monaten die Haare auf den kahlen Stellen komplett nach. Der große Vorteil: Das getestete Mittel ist in den USA bereits als Medikament für eine andere Krankheit zugelassen, das beschleunigt weitere Tests, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Medicine“ berichten.

Von der Autoimmunerkrankung Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata) sind allein in Deutschland mehr als 1,4 Millionen Menschen betroffen. Eine Fehlreaktion des Immunsystems sorgt dafür, dass Abwehrzellen die Haarfollikel angreifen und unterbindet so den Haarwuchs. Angelockt werden die Abwehrzellen dabei durch zwei „Alarm-Moleküle“, die von den Follikeln im Überschuss produziert werden.

Erkranken können Personen jeden Alters, oft tritt der Haarausfall aber auch familiär gehäuft auf. Typischerweise bilden sich erst kleinere, runde kahle Stellen am Kopf oder auch im Bart der Patienten, die an Größe und Menge zunehmen. Bei rund der Hälfte der Betroffenen wachsen die Stellen nach einigen Monaten wieder zu, dafür werden andere kahl. Bei einigen bleibt die Kahlheit aber dauerhaft und kann im Extremfall zum Verlust aller Kopfhaare führen.

Angriff der Abwehrzellen gestoppt

Raphael Clynes von der Columbia University in New York und seine Kollegen schlüsselten das molekulare Geschehen an den Haarwurzeln nun weiter auf und machten dabei eine vielversprechende Ansatzstelle für ein Medikament ausfindig. Wie sich in Zellkultur-Experimenten herausstellte, lösen die Alarm-Moleküle eine ganze Reaktionskaskade aus, in der Verlauf Interferone und Interleukine freigesetzt werden. Diese Immun-Botenstoffe veranlassen bestimmte T-Zellen der Abwehr dazu, die Haarfollikel an zugreifen.

Bei der Alopecia areata greifen T-Zellen (grün) die Zellen des Haarfollikels (blau) an. © Christiano Lab/ Columbia University

Ausgehend von diesen Erkenntnissen haben die Forscher erste Gegenmittel gegen diese Autoimmun-Krankheit getestet. Sie verabreichten an Alopecia areata erkrankten Mäusen zwei verschiedene, auf Antikörpern basierende Hemmstoffe, die die Wirkung der Interferone blockierten. Der Erfolg war durchschlagend: Zwölf Wochen nach Beginn der Behandlung waren die kahlen Stellen bei allen Mäusen komplett wieder zugewachsen, wie die Wissenschaftler berichten. Die Therapie wirkte zudem langfristig, denn auch Monate nach Ende der Behandlung kamen die kahlen Stellen nicht wieder.

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Funktioniert auch beim Menschen

Die entscheidende Frage war nun, ob die Therapie auch beim Menschen wirkt. Dabei kam den Forschern zugute, dass Ruxolitinib, einer der beiden Antikörper-Hemmstoffe, bereits von der US-Arzneimittelbehörde FDA für die Behandlung einer Bluterkrankung zugelassen ist. Seine Verträglichkeit für den Menschen war daher schon geprüft.

Der Proband vier Monate nach Beginn der Behandlung © Julian Mackay-Wiggan

Deshalb konnten Clynes und seine Kollegen nach Erfolg der Mäusetests sofort eine erste vorläufige klinische Studie mit menschlichen Alopecia-Patienten beginnen. Diese läuft zwar noch, doch schon jetzt zeigt sich die Wirksamkeit des Mittels: Drei Monate nachdem die Patienten damit begannen, eine Ruxolitinib-haltige Lösung auf ihre kahlen Stellen aufzutragen hatten, waren die Haare dort wieder nachgewachsen.

„Wir haben erst mit den Tests begonnen, aber wenn das Mittel weiter so erfolgreich und sicher wirkt, bedeutet dies dramatische Verbesserungen für Menschen mit dieser Krankheit“, sagt Clynes. Erstmals könnte damit ein Heilmittel für die Alopecia areata in Sicht sein. Sollten auch die folgenden klinischen Studien positiv sein, könnte das neue Medikament schneller die Tests durchlaufen und auf den Markt kommen als ein völlig neuer Stoff. (Nature Medicine, 2014; doi: 10.1038/nm.3645)

(Nature / Columbia University Medical Center, 18.08.2014 – NPO)

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