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Geowissen

Die Anden wachsen nach Osten

Niederschlagsunterschiede prägen Entwicklung des südamerikanischen Gebirges

Blick auf die Anden und den Berg Huascaran in Peru © Patricio Mena Vásconez / gemeinfrei

Die Anden entwickelten sich in den letzten zehn Millionen Jahren asymmetrisch: Ungleichmäßige Niederschlagsmengen führten zu einer Verformung der Erdkruste vor allem auf der Ostseite der südamerikanischen Gebirgskette, wie ein Berner Geologe herausfand. Das Gebirge wandert daher weiter nach Osten.

Die Niederschlagsverteilung in den Zentral-Anden ist stark asymmetrisch: In der bolivianischen Jungas-Region auf der Ostflanke fällt beispielsweise bis zu 3.000 Millimeter Niederschlag pro Quadratmeter und Jahr. Auf der Westseite der Anden befindet sich mit der Atacama-Wüste eine der trockensten Gegenden der Erde. Die Abtragung der Erdoberfläche ist im Allgemeinen stark von Niederschlägen geprägt. Die enorme Differenz der Regenmenge auf den gegenüberliegenden Seiten der Anden führt entsprechend zu unterschiedlichen Erosionsraten: Auf der Ostseite beträgt sie über ein Millimeter pro Jahr, auf der Westseite hingegen weniger als 0,01 Milimeter pro Jahr, also gut hundert mal weniger.

Starke Hebung im Osten, Ruhe im Westen

Der Berner Geologe Fritz Schlunegger untersuchte zusammen mit einem neuseeländischen Kollegen die Konsequenzen dieser Ost-West-Differenz für die Entwicklung der Anden. Sie verwendeten dazu die Geometrie von Flusslängsprofilen auf beiden Seiten der Anden sowie gebirgsmechanische Modellierungen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Längsprofile der Flüsse auf der Ostseite äußerst steil sind und die Fließgewässer sehr viel Wasser abführen. Dies sind Hinweise auf starke tektonische Hebungsprozesse sowie auf eine hohe, durch Niederschläge bestimmte Abtragung. Hingegen zeigen die Flusslängsprofile auf der Westseite, dass dort die tektonischen Veränderungen bereits vor etwa zehn bis sieben Millionen Jahren abgeschlossen waren.

Die Gebirgskette entwickelte sich seitdem vor allem im Osten. Gebirgsmechanische Berechnungen bestätigen diese Erkenntnis: Laut Geologen hat die Gebirgsgeometrie auf der Westseite einen Zustand erreicht, welcher keine weitere Krustendeformation zulässt. „Das Gebirge auf der Westseite ist aufgrund der abnehmenden Erosion zu dick geworden, um weiter durch die Tektonik bewegt zu werden“, erklärt Fritz Schlunegger.

Auf der Ostseite verhindere dagegen die fortdauernde hohe Abtragung eine zu große Verdickung des Gebirges; damit könne der Gebirgskörper durch tektonischen Druck von unten weiter verformt werden. Seit rund zehn Millionen wachsen die Anden also gegen Osten. „Es ist nicht abzusehen, dass sich die Bedingungen in Zukunft entscheidend ändern werden, die Zentral-Anden werden wahrscheinlich auch in den nächsten Millionen Jahren dem Niederschlag entgegenwachsen“, so Schlunegger.

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(Universität Bern, 15.12.2011 – NPO)

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