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Biologie

Feldhasen werden „doppelt“ schwanger

Hasenweibchen können noch vor der Geburt des letzten Wurfs wieder trächtig werden

Superfetation. Frühe Embryonen im Eileiter (link) und voll entwickelte Feten befinden sich gleichzeitig im Reproduktionstrakt einer Häsin. © Kathleen Röllig, IZW

Weibchen des Europäischen Feldhasen können erneut trächtig werden, auch wenn der vorherige Wurf noch nicht geboren ist. Belege für diese so genannte „Superfetation“ haben jetzt erstmals deutsche Wissenschaftler entdeckt. Wie sie ihn „Nature Communications“ berichten, erhöht diese Strategie den Fortpflanzungserfolg der Hasen um ein Drittel, da es den Abstand zwischen zwei Geburten um mehrere Tage verkürzt.

Hasen gelten oft als Inbegriff der Fruchtbarkeit. Und schon seit Aristoteles’ Zeiten stehen die Weibchen des Europäische Feldhasen in dem Ruf, bereits wieder schwanger werden zu können, bevor sie noch das Junge der letzten Schwangerschaft geboren haben. Bisherige Erkenntnisse zur Funktionsweise dieser so genannten „Superfetation“ waren jedoch widersprüchlich. Schon häufig hatte man verkürzte Geburtenintervalle in Feldhasenzuchten beobachtet und deshalb eine erneute Befruchtung vor der Geburt angenommen. Doch eindeutige Belege dafür fehlten bisher.

Frische Geldkörper als erstes Indiz

Jetzt haben Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) erstmals dieses Phänomen systematisch an einer eigenen Feldhasenzucht untersucht und die lang gesuchten Belege gefunden. Bei systematischen Untersuchungen in einer Zuchtpopulation fanden die Forscher bei Häsinnen, die kurz vor der Geburt standen, zusätzlich zu den großen aktiven noch kleine frische Gelbkörper an den Eierstöcken. Gelbkörper entstehen nach einem Eisprung und produzieren Schwangerschaftshormone. Der Eisprung bei Häsinnen findet aber nicht regelmäßig, sondern nur nach der Paarung mit einem Rammler statt, den die hochträchtige Häsin zulassen muss.

Spermien wandern an älterem Jungen vorbei

Ungeklärt war bislang, ob die Samenzellen der Rammler nach einem Deckakt nach dem 37. Trächtigkeitstag tatsächlich durch die trächtige Gebärmutter der Häsinnen wandern, oder ob sie vielleicht von der vorherigen Befruchtung im Reproduktionstrakt gespeichert werden. „Vaterschaftstests mit verschiedenen Rammlern haben eindeutig gezeigt, dass die Samenzellen sich ihren Weg durch die Gebärmutter bahnen, in der sich noch der vorherige Wurf befindet“, so Kathleen Röllig, Wissenschaftlerin und Tierärztin am IZW.

Neuer Embryo bei Geburt des älteren Jungen schon vier Tage alt

„Neu war der Ansatz, Daten mit Hilfe modernster Technik an lebenden Tieren zu erheben. Wir haben dazu tragende Häsinnen mit hochauflösenden Ultraschallgeräten vielfach untersucht, um das ‚Unsichtbare sichtbar‘ zu machen“, so Röllig. Mit dieser Methode konnten erstmalig Kriterien entwickelt werden, um Superfetation bei lebenden Tieren nachzuweisen und zu beschreiben.

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Es zeigte sich, dass die Feldhasenweibchen wurden noch während der Schwangerschaft befruchtet wurden und rund vier Tage vor der erwarteten Geburt eine weitere Trächtigkeit entwickelten. Die neuen Embryonen wuchsen noch während der vorherigen Trächtigkeit im Eileiter heran und wanderten in Richtung Gebärmutter. Nach der Geburt des vorherigen Wurfs waren sie bereits vier Tage alt und konnten sich sofort in der Gebärmutter einnisten. Damit verringerte sich der Zeitraum zwischen zwei Geburten auf 38 Tage, obwohl eine komplette Trächtigkeit von der Befruchtung bis zur Geburt 42 Tage beträgt.

Ein Drittel mehr Jungtiere

Die Erkenntnisse der Forscher zeigen, dass Häsinnen durch die Fortpflanzungsstrategie der Superfetation bis zu einem Drittel mehr Jungtiere hervorbringen. „Deshalb denken wir, dass Superfetation eine wichtige evolutionäre Anpassung ist, um den Fortpflanzungserfolg zu erhöhen“, so Röllig.

(Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), 23.09.2010 – NPO)

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