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Medizintechnik

Weltraumtechnik hilft Augenpatienten

Mikrospiegel korrigieren Knick in der Optik

Wie werde ich nach einer Laser-Operation sehen können? Bisher konnte diese Frage eines Augenpatienten nur theoretisch beantwortet werden. Mithilfe eines Arrays winziger, mechanisch bewegbarer Spiegel geht es jetzt jedoch auch ganz praktisch: Die Anordnung führt dem Patienten vor, wie er später sehen wird. Die Technik stammt aus der Astronomie: In terrestrischen Teleskopen korrigieren gröbere Spiegel Störungen durch die Erdatmosphäre.

„Geht die unterste Reihe noch? – Nicht? – So besser?“ Brillenträger kennen das Spiel: Der Augenarzt projiziert Buchstabenreihen an die Wand. In jeder Reihe werden die Lettern kleiner und unleserlicher – bis sie einer geordneten Ameisenstraße gleichen. Schiebt der Arzt die richtigen Korrekturlinsen vors Auge, formen sich aus den schummrigen Punkten plötzlich filigrane Buchstaben. Bisher sind Optiker bei dieser Untersuchung auf die subjektiven Aussagen des Patienten angewiesen. Mit Hilfe der Wellenfrontkorrektur könnte sich dies ändern.

Die Technik wird in Teleskopen eingesetzt, um schärfere Bilder aus dem All zu erhalten. Turbulente Luftschichten brechen das Licht der Himmelskörper auf vielfältige Weise – unscharfe Bilder sind die Folge. Astronomen messen diese Störungen mit speziellen Sensoren. Um sie zu korrigieren, bilden sie deren Verlauf mit einem Array aus höhenverstellbaren Spiegeln nach. Die variable optische Weglänge bewirkt, dass die Verzerrungen im reflektierten Licht genau kompensiert werden.

Auch das unscharfe Sehen beim Menschen geht auf gestörte Lichtwellenfronten zurück, die durch optische Fehler in Hornhaut, Linse und Glaskörper verursacht werden. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden haben nun einen Mikrochip mit so vielen winzigen Spiegeln bestückt, dass damit eine sehr genaue Korrektur solcher Augenfehler möglich wird. „Man kann damit dem Patienten vorführen, wie er nach einer Laseroperation oder mit einer neuen Brille sehen wird“, sagt Andreas Gehner vom IPMS. „Ein Shack-Hartmann-Sensor misst das an der Netzhaut reflektierte Licht und ermittelt alle refraktiven optischen Fehler. Damit wird nach Signalauswertung der Spiegelchip angesteuert.“ Auf der Fläche eines Daumennagels sind fast 50 000 quadratische Spiegel angeordnet. Jeder von ihnen hat eine Kantenlänge von 40 Mikrometern – gerade einmal die Hälfte des Durchmessers eines menschlichen Haares. Über eine Schaltung an der Unterseite der Spiegel lassen sie sich individuell ansteuern und im gewünschten Ausmaß absenken.

Die gesamte Methode wird zurzeit bei einem Kooperationspartner des IPMS, der Firma 20/10 PERFECT VISION in Heidelberg, getestet. In etwa ein bis zwei Jahren soll die Technik kommerziell verfügbar sein. Aber nicht nur Augenoptiker dürfte die hoch auflösende optische Korrektur interessieren. Auch in der Mikroskopie kann sie Verzerrungen kompensieren, die entstehen, wenn Forscher durch biologisches Zellgewebe blicken. Ebenso lassen sich mit der Technik Laserpulse schärfen.

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(Fraunhofer-Gesellschaft, 15.07.2004 – NPO)

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