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Medizin

Warum „dickes“ Blut vor Herzinfarkt schützen kann

Wissenschaftler klären klinisches Paradox

Eine stabile Plaque bei der Maus © Universitätsklinikum Heidelberg

„Dickes“ Blut kann zum Herzinfarkt oder Schlaganfall führen, aber es kann auch davor schützen. Den Mechanismus für dieses klinische Paradox haben Wissenschaftler jetzt erstmals im Tiermodell geklärt: Mäuse, die zu einer stärkeren Blutgerinnung neigen, haben zwar stärkere Ablagerungen in den Blutgefäßen, diese sind jedoch stabiler. Somit ist die Gefahr geringer, dass sich diese Plaques von der Gefäßwand ablösen und die Blutbahn verschließen. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in der Zeitschrift „Circulation“ veröffentlicht.

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Im Prinzip gilt: Je stärker das Blut gerinnt, desto größer ist das Risiko für einen Gefäßverschluss. Blutverdünnende Medikamente schützen vor diesen Komplikationen. Aber schützen sie auch vor neuen, gefährlichen Ablagerungen? Klinische Studien konnten bislang nicht nachweisen, dass eine erhöhte Gerinnungsneigung auch bei der Neubildung von Gefäßwandablagerungen Nachteile hat. Berend Isermann, Oberarzt an der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg, Abteilung Endokrinologie, Stoffwechsel und Klinische Chemie, und sein Team haben nun eine Erklärung dafür gefunden.

Größere Plaques, aber stabiler

Die Wissenschaftler untersuchten Mäuse mit erhöhten Blutfettwerten und einem genetischen Defekt, der zur verstärkten Gerinnung des Blutes führt. Die Mäuse entwickelten zwar größere Gefäßwandablagerungen als jene ohne genetischen Defekt, die Plaques waren jedoch stabiler. Zudem kam es auch nicht zu Gefäßverengungen, da sich die Gefäßwand durch Umbau schnell an die neue Situation anpasste. Der negative Effekt auf den Blutstrom durch größere Plaques wurde also durch den positiven Effekt der Stabilität und eines weiteren Gefäßdurchmessers kompensiert.

Die langfristige Anwendung von Blutverdünnern, in diesem Falle niedermolekulares Heparin, machte diese Vorteile allerdings rückgängig: Die Plaques wurden zwar wieder kleiner, aber die Stabilität ging dabei verloren, so dass sich das Risiko für Komplikationen erhöhte.

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Ergebnisse auf den Menschen übertragbar

„Unsere Befunde wurden zwar an Mäusen erhoben, sie bestätigen jedoch die Ergebnisse von klinischen Studien am Menschen“, erklärt Isermann. „Außerdem zeigen Untersuchungen im Reagenzglas, dass menschliche Zellen ähnlich reagieren, wie die von Mäusen.“ Die Forscher gehen davon aus, dass die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind und empfehlen daher ein genaues Abwägen der Vor- und Nachteile von Blutverdünnern, bevor sie beim Patienten eingesetzt werden. „Zur Zeit“, so Isermann weiter, „haben wir aber keine Anhaltspunkte dafür, dass diese neuen Beobachtungen auch auf Medikamente zutreffen, die die Funktion der Blutblättchen (Thrombozyten) hemmen.“

Blutverdünner nur mit Vorsicht einsetzen

Bei der Therapieentscheidung sollten die Ursache der Blutgerinnungsstörung und der Grad der bereits bestehenden Gefäßverkalkung berücksichtigt werden. Außerdem propagieren die Heidelberger Wissenschaftler den Einsatz von Blutverdünnern, die spezifische Faktoren der Blutgerinnung hemmen, so dass positive Effekte auf die Plaques-Stabilität erhalten bleiben. Verschiedene neue Medikamente, die spezifische Faktoren der Blutgerinnung hemmen, werden aktuell in klinischen Studien untersucht. „Es ist wichtig“, so Isermann, „in diesen Studien auch die Plaque-Stabilität und den Einfluss auf

die Gefäßverkalkung zu untersuchen.“

(Universitätsklinikum Heidelberg, 25.08.2009 – NPO)

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