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Neurobiologie

Tanzen hält auch geistig fit

Schon eine Stunde Tanz pro Woche verbessert Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Reaktionsfähigkeit

Tanzendes älteres Paar © RUBIN/ Damian Gorczany

Tanzen hält fit, das ist schon länger bekannt. Aber wie effektiv hilft es beispielsweise älteren Menschen? Genau das haben jetzt Bochumer Forscher getestet – mit verblüffendem Ergebnis: Übten die betagten Probanden nur einmal pro Woche ein speziell für Senioren entwickeltes Tanzprogramm, verbesserte dies ihre geistige Fitness und steigerte ihre Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit. Das zeige, dass Tanzen selbst in „kleinen Dosen“ schon messbar positive Wirkungen zeigte, berichten die Forscher im Fachmagazin „Frontiers in Aging Neuroscience“.

Viele Menschen wünschen sich, bis ins hohe Alter selbstständig leben und wohnen zu können. Das aber setzt voraus, dass man seinen Alltag auch als älterer Mensch noch gut bewältigen kann – sowohl geistig als auch körperlich. Neurowissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum (RUB) untersuchen daher gezielt, was man tun kann, um im Alter fit zu bleiben. Aus Studien mit Tieren ist bereits bekannt, dass eine reizvolle und herausfordernder Umgebung in Gesellschaft degenerative Alterungsprozesse vermindert und die Lernfähigkeit steigert.

Training für Körper und Geist

Durch das Tanzen lässt sich dieser Effekt auf den Menschen übertragen: Tanzen bedeutet körperliche Aktivität, die den individuellen Fähigkeiten angepasst werden kann und dennoch genügend Spielraum für Entwicklungen bietet. Das Erlernen von Schrittfolgen und Kombinationen ist darüber hinaus eine beträchtliche Herausforderung für das Gehirn. Im Zusammenspiel mit der sozialen Interaktion und der akustischen und emotionalen Stimulation entsteht beim Tanzen so die nahezu perfekte reizreiche und herausfordernde Umgebung für den Menschen.

In ihrer Studie untersuchten die Forscher den Einfluss des speziell für Senioren entwickelten Tanzprogramms „AGILANDO“ des Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverbands. Während die 25Teilnehmer zwischen 60 und 94 Jahren über einen Zeitraum von sechs Monaten einmal pro Woche eine Stunde lang tanzten, erhielt eine Kontroll-Gruppe im gleichen Zeitraum keinen Tanzkurs. Vor und nach dem Kurs durchliefen die Studienteilnehmer 18 Tests, in denen über 80 verschiedene Merkmale und Fähigkeiten untersucht wurden, um ein möglichst detailliertes individuelles Leistungsprofil zu erhalten. Der Fokus der Untersuchungen lag dabei nicht nur auf Bereichen, die typischerweise mit dem Tanzen in Verbindung gebracht werden, wie Stand-, Körperhaltung und Reaktionszeit, sondern auch auf der Aufmerksamkeit, der Denk- und Merkfähigkeit sowie der subjektiven Lebenszufriedenheit und der Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislaufsystems.

Gut für Kopf und Balance, kein Effekt aufs Herz

Das Ergebnis: Während sich bei der Kontrollgruppe keine Veränderungen zeigten, stellten die Forscher bei den Tänzern signifikante Verbesserungen fest. Sowohl ihr Gedächtnis, ihre Wahrnehmung und ihre Aufmerksamkeit als auch körperliche Fertigkeiten wie Balancegefühl verbesserten sich deutlich. Interessanterweise zeigte der Tanzkurs ausgerechnet in dem Bereich, indem die Forsche es erwartet hätten, keine Wirkung: bei der Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems.

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„Ein bemerkenswerter Umstand, da zum Beispiel Verbesserungen des Denkvermögens und der Lernfähigkeit häufig mit einer verbesserten Herz-Kreislauf-Leistungsfähigkeit verbunden sind“, so RUB-Forscher Hubert Dinse. „Das zeigt, dass bereits geringe Trainingsintensitäten zu weitreichenden Verbesserungen führen können, auch wenn die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems unverändert bleibt.“

Verglichen mit vielen anderen sportlichen Aktivitäten wie Laufen, Radfahren oder Kraftsport hat Tanzen zudem viele Vorteile: Es vereint körperliche Aktivität mit sozialer, emotionaler und musikalischer Interaktion und kognitiven Herausforderungen. Außerdem kann man schnell Erfolge erzielen. „Diese Komponenten sind sehr wichtig um die Motivation aufrechtzuhalten“, so Jan-C. Kattenstroth. (Front. Ag. Neurosci., 2013; doi: 10.3389/fnagi.2013.00005)

(Ruhr-Universität Bochum, 28.02.2013 – NPO)

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