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Geowissen

Meteorit schuld an Tunguska-Katastrophe

Saurer Regen stützt Theorie zur kosmischen Ursache

Probennahme: Ausschneiden von Torfprofilen im Dauerfrostgebiet Tunguska. © Evgeniy M. Kolesnikov / Lomonosov-Universität Moskau

Forscher haben wichtige Indizien dafür gefunden, dass die Tunguska-Katastrophe vor fast genau 100 Jahren in Sibirien tatsächlich eine kosmische Ursache hatte. Am 30. Juni 1908 ereigneten sich in der Nähe des Flusses Tunguska nördlich des Baikalsees eine oder mehrere Explosionen, die auf einem Gebiet von über 2.000 Quadratkilometern rund 80 Millionen Bäume umknickten.

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Die Kraft der Explosion wird von Wissenschaftlern auf fünf bis 30 Megatonnen TNT geschätzt. Das entspricht mehr als dem Tausendfachen der Hiroshimabombe. Die kaum besiedelte Region Sibiriens wurde erst 1927 von Professor Leonid Alexejewitsch Kulik untersucht.

Eine der größten Naturkatastrophen der Neuzeit

Das Tunkuska-Ereignis gilt als eine der größten Naturkatastrophen der Neuzeit. Zu den Ursachen der Katastrophe existieren inzwischen verschiedenste Theorien. Die Mehrheit der Wissenschaftler geht jedoch vom Einschlag eines Meteoriten, Asteroiden oder Kometen aus. Wäre dieser damals knapp fünf Stunden später in der Atmosphäre explodiert, dann wäre aufgrund der Erdrotation die damalige russische Hauptstadt St. Petersburg komplett zerstört worden.

Torfprofile untersucht

Untersuchungen von Torfprofilen aus dem Katastrophengebiet durch russische, italienische und deutsche Forscher belegen nun, dass es bei der Tunguska-Katastrophe offenbar zu starken sauren Niederschlägen gekommen ist. An der Grenze des Dauerfrostbodens stellten sie deutlich erhöhte Werte der schweren Stickstoff- und Kohlenstoff-Isotope 15N und 13C fest. Die maximale Anreicherung wurde für die Gebiete im Explosionsepizentrum und entlang der Flugbahn des kosmischen Körpers registriert.

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Die erhöhten Konzentrationen von Iridium und Stickstoff in entsprechenden Torfschichten stützen die Theorie, dass die gefundenen Isotopeneffekte eine Folge der Tunguska-Katastrophe sind und kosmische Ursachen haben. Schätzungen zufolge sind damals etwa 200.000 Tonnen Stickstoff auf die Tunkuska-Region in Sibirien herabgeregnet.

Wichtige Indizien für kosmische Ursache entdeckt

„Eine solche Einreicherung des schweren Kohlenstoff-Isotopes 13C direkt an der Grenze des Permafrostbodens von 1908, die wir wiederholt in mehreren Torfprofilen aus dem Katastrophengebiet registriert haben, ist mit keinem terrestrischen Prozess zu erklären. Die Schlussfolgerung liegt also nahe, dass die Tunguska-Katastrophe eine kosmische Ursache hat und dass wir auf die Spuren dieser Materie gestoßen sind“, erklärt Tatjana Böttger vom des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ). In Frage kommt dafür beispielsweise ein Asteroid vom Typ C wie Mathilde 253 oder ein Komet wie Borelly.

„Extrem hohe Temperaturen beim Eintritt eines Meteoriten in die Atmosphäre haben dafür gesorgt, dass der Sauerstoff in der Atmosphäre mit Stickstoff zu Stickstoffoxid reagiert hat“, erklärte Natalia Kolesnikova gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti. Die Wissenschaftlerin ist eine der Autoren der im Fachblatt Icarus veröffentlichten Studie der Lomonosov-Universität Moskau, der Universität Bologna und UFZ.

Isotopenanalysen am UFZ

Tunguska-Region: Evgeniy Kolesnikov fotografierte die gleiche Stelle 60 Jahre später. Die gefallenen Stämme liegen noch, dazwischen wächst die Taiga. © Evgeniy M. Kolesnikov / Lomonosov-Universität Moskau

Russische und italienische Forscher hatten 1998 und 1999 während zweier Expeditionen Torfprofile von verschiedenen Stellen im sibirischen Katastrophengebiet entnommen. Die untersuchte Moosart Sphagnum fuscum, die im Torfmaterial recht häufig vorkommt, bezieht ihre mineralischen Nährstoffe ausschließlich aus Luftaerosolen und kann dadurch irdischen und außerirdischen Staub speichern. Die Proben wurden später in den Laboren der Universität Bologna und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Halle/Saale untersucht.

Das UFZ hat sich unter anderem auf Isotopenanalysen von Boden und Wasser spezialisiert und wurde damals von den Moskauer Forschern um Evgeniy M. Kolesnikov um Mithilfe gebeten. Kolesnikov untersucht bereits seit über 20 Jahren das Tunguska-Ereignis.

(idw – Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, 02.07.2008 – DLO)

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