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Informatik

Computer versteht „tierisch“

Erste automatische Tierstimmenerkennung entwickelt

Computer erkennen heute bereits die menschliche Sprache – bei Tierstimmen aber mussten sie bisher passen. Jetzt hat ein Wiener Informatiker ein automatische Tierstimmenerkennung entwickelt und damit einen weißen Flecken der auf der Forschungslandschaft verschwinden lassen.

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Das Hören ist nach dem Sehen der zweitwichtigste menschliche Sinn. Was die automatische Erkennung von Audiosignalen betrifft, so liegt der Schwerpunkt meist auf der Erkennung von Sprache und Musik. Die meisten Geräusche in unserer Umgebung sind jedoch Umgebungsgeräusche, das heißt weder Sprache noch Musik. Umgebungsgeräusche enthalten wichtige Informationen und werden ständig zur Orientierung verwendet. Der Informatik-Student Matthias Zeppelzauer an der Technischen Universität Wien hat sich nun intensiv mit dem Forschungsgebiet der Umgebungsgeräusche auseinandergesetzt und konnte beim Erkennen von Tierstimmen via Computer große Erfolge erzielen.

Kombinbation von Sprach- und Musikerkennungstechniken

Warum sich Matthias Zeppelzauer gerade auf das Erkennen von Tierstimmen verlegt hat? "Zu Beginn meiner Diplomarbeit lag mein Interesse auf der Spracherkennung. Im Zuge meiner Nachforschungen stellte sich aber heraus, dass das Gebiet der Spracherkennung zu einem der meist erforschten Gebiete in der Audioverarbeitung zählt. Die mit der Spracherkennung eng verwandte Geräuscherkennung ist weit weniger erforscht und bot sich dadurch als Herausforderung für meine Diplomarbeit an."

Nachdem bisher nur wenige Techniken für die Erkennung von Umgebungsgeräuschen existieren, hat Zeppelzauer Methoden aus anderen Bereichen der Audioverarbeitung herangezogen: Merkmale, die ursprünglich für Spracherkennung verwendet wurden, und Methoden aus dem Music Information Retrieval. Beim Music Information Retrieval handelt es sich um ein interdisziplinäres Gebiet, das sich beispielsweise mit der Gewinnung von verwertbarer Information aus der Musik befasst. Matthias Zeppelzauer hat die Techniken so "umgemodelt", dass der Computer die unterschiedlichen Tierstimmen erkennen kann.

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Lernfähiges Programm „trainiert“ Erkennungsmerkmale

Der Ausgangspunkt für den Erkennungsprozess ist eine große Datenbank mit Tierstimmen. Die Datenbank enthält kurze Ausschnitte von Geräuschen verschiedener Tieren wie beispielsweise Hundegebell und Vogelgesang. Aus diesen Geräuschsegmenten werden im ersten Schritt Merkmale extrahiert. Um möglichst viel Information über die Tierstimmen zu erhalten, werden im nächsten Schritt mehrere unabhängige Merkmale miteinander kombiniert. Die Auswahl geeigneter Merkmale erfolgt dabei einerseits empirisch und andererseits mittels statistischer Datenanalyse.

Im letzten Schritt kommt ein Klassifikator zum Einsatz, ein Programm, um die unterschiedlichen Tierstimmen zu unterscheiden. Zuerst muss der Klassifikator lernen, wie sich die Tierstimmen voneinander unterscheiden. Dazu werden ihm eine Reihe von Tierstimmen zusammen mit den Namen der zugehörigen Tiere präsentiert. Ausgehend von diesen Informationen baut der Klassifikator ein Modell der Tierstimmen auf. Mit diesem Modell können nun neue Tierstimmen, den bereits bekannten Tierstimmen zugeordnet werden. Der Klassifikator berechnet dabei für jede Tierstimme das wahrscheinlichste Tier.

Ziel: Laute innerhalb einer „Tiersprache“ unterscheiden

Der TU-Informatiker entwickelte eine Gruppe neuer Unterscheidungsmerkmale, so genannte Amplituden-Deskriptoren. Sie erlauben eine kompakte und aussagekräftige Beschreibung der ursprünglichen Geräusche. Amplituden-Deskriptoren beschreiben Eigenschaften eines Audio-Signals, die auch für die menschliche Wahrnehmung maßgeblich sind. Mithilfe eines Algorithmus, der auf bekannten Geräuschen trainiert wird, wird die Erkennung neuer Tiergeräusche durch den Computer möglich.

In Zukunft sollen komplexere Klassifikatoren und andere Merkmale für die Geräuscherkennung zur Anwendung kommen, um eine große Herausforderung anzunehmen: das Tierverstehen, bei dem Tiergeräusche einer einzigen Spezies unterschieden werden müssen. Eine solche Technik könnte in Zukunft der computerunterstützten Analyse von Tierverhalten dienen.

(Technische Universität Wien, 16.03.2006 – NPO)

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