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Medizin

Covid-19: Tablette gegen schwere Verläufe

Antivirales Präparat Paxlovid senkt Rate der Krankenhauseinweisungen um 89 Prozent

Paxlovid
Ein zweites orales Mittel gegen SARS-CoV-2 hat sich als wirksam erwiesen. © ExperienceInteriors/ Getty images

Hoffnung gegen die Pandemie: Ein zweites als Tablette verabreichtes Mittel gegen Covid-19 zeigt nun vielversprechende Wirksamkeit. Das von Pfizer entwickelte Präparat Paxlovid senkt das Risiko für eine Krankenhauseinweisung bei Covid-19 um 89 Prozent. Auch die Sterblichkeit war signifikant reduziert, wie das Unternehmen mitteilt. Voraussetzung für diese präventive Wirkung ist allerdings, dass die Tablette in den ersten Tagen nach Symptombeginn eingenommen wird.

Gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 gibt es zwar Impfungen, die Therapiemöglichkeiten bei Covid-19 sind aber noch immer begrenzt. Immerhin können Cortison-Präparate wie Dexamethason und Blutverdünner einige Komplikationen bei schweren Verläufen abmildern. Vor kurzem gab es zudem vielversprechende Ergebnisse eines ersten als Tablette einnehmbaren Präparats: Der Wirkstoff Molnupiravir senkt das Risiko für eine Krankhauseinweisung um rund 50 Prozent und wurde in Großbritannien gerade zugelassen.

89 Prozent weniger schwere Verläufe

Jetzt gibt es positive Ergebnisse für ein zweites oral eingenommenes Präparat gegen Covid-19. Das vom Pharmakonzern Pfizer entwickelte Medikament Paxlovid war in einer klinischen Studie der Phase 2/3 bei Hochrisikopatienten mit Vorerkrankungen auf seine Wirkung gegen schwere Verläufe von Covid-19 getestet worden. Die Testpersonen nahmen ab dem dritten oder fünften Tage nach Symptombeginn und positivem PCR-Test das Mittel in Tablettenform ein.

Die vorläufige Auswertung der Daten von 1.219 der gut 2.000 Testpersonen ergab laut Pfizer, dass Paxlovid das Risiko für eine Krankenhausbehandlung um 89 Prozent senken kann. Mit dem Mittel erkrankten nur 0,8 Prozent der Teilnehmer so schwer, dass eine Klinikbehandlung nötig war, in der Placebogrupe waren es sieben Prozent. Eine ähnliche Wirksamkeit hatte das Mittel auch gegen den Tod durch Covid-19, wie das Unternehmen mitteilte.

„Game-Changer im Kampf gegen die Pandemie“

„Diese Resultate sind in echter Game-Changer in den globalen Bemühungen, die Pandemie aufzuhalten“, kommentierte Pfizer-CEO Albert Bourla. „Die Daten sprechen dafür, dass unser oraler Wirkstoffkandidat das Potenzial hat, das Leben von Patienten zu retten, die Schwere von Covid-19 zu senken und bis zu neun von zehn Hospitalisierungen zu verhindern.“ Pfizer hat die Studie bereits abgebrochen, weil man ethisch für nicht vertretbar hielt, Patienten der Placebogrupe den Wirkstoff vorzuenthalten. Die Daten sollen nun direkt an die US-Arzneimittelbehörde weitergegeben werden.

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Als durchaus positiv bewerten auch Fachwissenschaftler die Resultate. „Dies sind willkommene Nachrichten. Kombiniert mit den jüngsten Meldungen zu Molnupiravir von Merck, markieren diese neu entwickelten Wirkstoffe eine wichtige Ergänzung unseres Arsenals gegen SARS-CoV-2“, kommentiert Stephen Griffin von der University of Leeds.

Wirksam nur bei früher Einnahme

Allerdings gibt es auch Skepsis, was den praktischen Einsatz von Paxlovid und Molnupiravir angeht: Weil beide Mittel die Vermehrung des Coronavirus blockieren, wirken sie vor allem in den Anfangsstadien der Infektion. Sie müssen idealerweise innerhalb der ersten drei Tage nach Symptombeginn eingenommen werden. Zu diesem Zeitpunkt jedoch ist meist noch unklar, ob überhaupt ein schwerer Verlauf von Covid-19 droht und viele Patienten gehen in dieser Phase noch nicht zum Arzt.

Zeichnet sich dagegen der meist nach einer Woche beginnende schwere Verlauf ab, ist es für solche antiviralen Mittel in der Regel zu spät. Weil die Symptome und Komplikationen dann vor allem durch Entzündungsreaktionen, überschießende Botenstoffe und das Immunsystem selbst verursacht werden, nutzt selbst eine vollständige Eliminierung des Virus in dieser Phase kaum noch etwas.

„Wenn diese Therapien erfolgreich eingesetzt werde sollen, dann benötigen wir Systeme, durch die wir besonders gefährdete Patienten extrem früh erkennen und ihnen diese Mittel dann sehr schnell zukommen lassen können“, kommentiert der britische Mediziner Peter English. Bisher fehle dies aber noch.

PF-07321332
Der Paxlovid-Wirkstoff PF-07321332 hemmt die Hauptprotease von SARS-CoV-2. © gemeinfrei

Wie funkioniert Paxlovid?

Anders als die antiviralen Mittel Remdesivir und Molnupiravir setzt das neue Paxlovid nicht am Kopiervorgang der RNA von SARS-CoV-2 an. Während diese Mittel die Virenvermehrung durch den Einbau „falscher“ RNA-Bausteine blockieren oder Mutationen erzeugen, hemmt Paxlovid ein für die Vermehrung des Coronavirus entscheidendes Enzym – die 3CL-Protease, auch Hauptprotease genannt.

Diese virale Protease kommt normalerweise dann zum Einsatz, wenn das Coronavirus in die Zelle eingedrungen ist. Dort gibt es einen Strang eigener Proteine ab, die seine Replikation mithilfe der Zellmaschinerie starten sollen. Damit diese viralen Proteine jedoch in Aktion treten können, müssen sie erst von der 3CL-Protease in ihre funktionalen Einheiten zerschnitten werden. Der in Paxlovid enthaltene Protease-Inhibitor PF-07321332 hemmt die Protease und verhindert damit dieses Zerschneiden.

Als Folge kann das Coronavirus seine Replikationsmaschinerie in der Zelle nicht in Gang bringen und die Virenvermehrung bleibt aus. Zusätzlich enthält Paxlovid eine geringe Dosis des antiviralen Wirkstoffs Ritonavir. Bei diesem handelt es sich ebenfalls um eine Proteasehemmer, der ursprünglich gegen HIV entwickelt wurde. Im neuen Corona-Medikament soll Ritonavir allerdings vor allem dazu beitragen, dass der eigentliche Akteur PF-07321332 langsamer abgebaut wird und daher länger wirken kann.

Detaillierte Daten fehlen noch

Ob Paxlovid als Medikament gegen Covid-19 auf dem Markt kommen wird und wie gut es sich im praktischen Einsatz bewährt, wird sich zeigen müssen. Bisher gibt es kaum mehr Informationen als das, was Pfizer in einer Pressemitteilung veröffentlicht hat. Genauere Daten und mittels Peer-Review begutachtete Fachartikel fehlen noch. „Um diese klinische Studie und die von Molnupiravir vollständig bewerten zu können, müssen wir erst die detaillierten Studiendaten sehen“, konstatiert Penny Ward vom King’s College London.

Quelle: Pfizer, Science Media Centre UK

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