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Medizin

Aids-Alarm in Deutschland

Zahl der HIV-Infektionen steigt immer weiter an

In Deutschland droht eine neue HIV-Epidemie. Davor haben jetzt Wissenschaftler des Robert Koch-Instituts und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gewarnt. Nach Angaben der Mediziner ist im Jahr 2003 die Anzahl der Neuinfektionen – vor allem bei homosexuellen Männer – deutlich angestiegen. Parallel dazu ist auch die Syphilis in Deutschland wieder auf dem Vormarsch. Schuld daran, so die Ärzte ist ein allzu sorgloser Umgang mit der Immunschwächekrankheit.

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„Diese Entwicklungen geben Anlass zur Sorge und müssen im Hinblick auf die zukünftige Verbreitung von HIV ernst genommen werden“, betonte Reinhard Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts. In den sexuell aktiven Gruppen der Bevölkerung ist, so der Mediziner, ein Rückgang im Schutzverhalten zu beobachten. Das zeige sich vor allem an einer selteneren Kondomnutzung in riskanten Situationen. Auch seien sinkende Absatzzahlen bei den Kondomherstellern zu beobachten.

Neuer HIV-Bericht vorgelegt

Der neue Halbjahresbericht des Robert Koch-Instituts zu HIV/AIDS in Deutschland zeigt, dass sich zwischen im Jahr 2003 insgesamt mindestens 1.958 Menschen neu mit dem Virus infiziert haben. Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), stellen mit 41 Prozent weiterhin die größte Gruppe. Die Zunahme der Meldungen von neudiagnostizierten HIV-Infektionen bei MSM konzentriert sich im wesentlichen auf die Großstädte Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt/Main. Der Anteil der Meldungen ohne Angaben zum Infektionsweg beträgt 22 Prozent und ist gegenüber den Vorjahren weiter angestiegen.

„Es ist daher wichtig, im Gespräch mit dem Patienten nach dem wahrscheinlichen Infektionsweg zu fragen und die Antworten auf dem Meldebogen zu vermerken. Nur mithilfe dieser Angaben können verlässliche Aussagen zum Verlauf der HIV-Epidemie gemacht werden“, appelliert Osamah Hamouda, im Robert Koch-Institut Leiter des Fachgebietes Sexuell übertragbare Infektionen, an alle meldenden Ärzte.

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Veränderung des Risikoverhaltens

Indizien für eine Veränderung des Risikoverhaltens von MSM sind die epidemische Ausbreitung der Syphilis unter MSM in allen größeren Städten Westeuropas und Nordamerikas in den letzten Jahren und die Zunahme anderer sexuell übertragbarer Infektionen, zum Beispiel der Gonorrhö, in dieser Bevölkerungsgruppe. Solche Veränderungen des Risikoverhaltens bei MSM werden auch durch entsprechende Untersuchungen in Deutschland, beispielsweise durch Wiederholungsbefragungen im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), dokumentiert. So hatten 1996 76 Prozent der MSM keine Risikokontakte in den letzten 12 Monaten vor der Befragung, 2003 liegt der Anteil nur noch bei 70 Prozent, wie die Ergebnisse der Studie „Aids – wie leben schwule Männer heute“ zeigen.

Aktuelle Befragung zum Schutzverhalten

Aber auch außerhalb der MSM-Gruppe mehren sich Zeichen eines nachlassenden Schutzverhaltens, wie die seit 1987 jährlich durchgeführte Repräsentativerhebung „Aids im öffentlichen Bewusstsein“ der BZgA bestätigt. Die aktuellen Ergebnisse der Befragung 2003 zeigen, dass

– bei den unter 45-jährigen Alleinlebenden die Kondomnutzung vor allem

in riskanten Situationen sinkt,

– Befragte mit mehreren Sexualpartnern im letzten Jahr nur noch zu 78 Prozent Kondome benutzen, 2001 waren es noch 83 Prozent,

– auch zu Beginn neuer Sexualbeziehungen nur noch 73 Prozent der Alleinlebenden unter 45 Jahren Kondome verwenden, im Jahr 2000 waren es noch 78 Prozent,

– Urlaubsbekanntschaften immer Kondome benutzen, 2001 waren es 79 Prozent.

Die rückläufige Entwicklung beim Schutzverhalten kommt auch in sinkenden Absatzzahlen der Kondomhersteller zum Ausdruck. Nachdem im Jahr 2000 noch 207 Millionen Kondome verkauft wurden, sank diese Zahl im Jahr 2003 auf 189 Millionen.

Diese Veränderungen sind nach Angaben der Wissenschaftler umso erstaunlicher, da der Informationsstand der Bevölkerung über Aids noch immer sehr hoch ist.

(idw – Robert Koch-Institut, 25.03.2004 – DLO)

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