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Astronomie

Solare Plasma-Eruptionen „eingefangen”

Neue Daten der STEREO-Sonnenobservatorien bestätigen erstmals theoretisches Modell

Sonneneruption © SOHO (ESA/NASA)

Zukünftig lassen sich die explosiven Ausbrüche von superheißem Plasma auf der Sonne besser vorhersagen. Denn Forscher verfügen jetzt erstmals über ein Modell, das die komplexen Strukturen und Bewegungen der magnetisierten Plasmawolken genau und realitätsnah abbildet. Das ergab ein Vergleich der theoretischen Werte mit Daten, die die Sonnenobservatorien der STERO-Mission gemessen hatten.

Auf der Sonne, unserem Zentralstern, spielen sich immer wieder gewaltige Eruptionen ab: Milliarden Tonnen von superheißem Wasserstoffplasma schießen dann als koronale Massenauswürfe (CME) weit ins All hinaus. Durch Magnetkräfte werden diese Plasmafontänen innerhalb weniger Minuten auf Geschwindigkeiten von bis zu 2.000 Kilometer pro Sekunde beschleunigt. Ähnlich wie die solaren Flares wirken sich auch diese energiereichen Plasma-Ausbrüche bis hinein in die Erdatmosphäre aus und können im Extremfall Störungen in Telekomunikation, GPS und Stromversorgung auslösen.

Gedrilltes Seil aus Magnetfeldlinien?

Die komplexen Plasmastrukturen im Rahmen solcher CMEs, aber auch die Ursache der Ausbrüche, werden seit einigen Jahrzehnten mittels Satelliten und Sonnenobservatorien untersucht. Seit 2006 übernimmt die internationale STEREO-Mission diese Aufgabe. Jetzt ist es Forschern erstmals gelungen, ein bisher nur theoretisch postuliertes Modell der Plasmabewegungen anhand von Daten dieser beiden Zwillingssatelliten zu bestätigen.

1989 stellte James Chen vom Naval Research Laboratory (NRL) in Washington, D.C. eine neue Theorie vor, die zunächst für große Diskussionen sorgte. Sie basiert auf der Annahme, dass eine eruptierende Plasmawolke im Prinzip eine Art gigantisches „Magnetfluss-Tau“ ist, ein Seil, das aus miteinander verdrillten magnetischen Feldlinien besteht und in seiner Form einem angebissenen Doughnut gleicht. Solche verdrillten Feldlinien

STEREO-Daten bestätigen „Doughnut“-Modell

Jetzt haben Chen und sein Kollege Valbona Kunkel von der George Mason Universität dieses Modell auf STEREO-Daten eines koronalen Massenauswurfs angewendet, der sich am 24. Dezember 2007 ereignete und von der Sonde STEREO-A von den ersten Stadien seiner Eruption an über fünf Tage hinweg beobachtet wurde. Die Schwestersonde STEREO-B sammelte währenddessen genaue Daten zum Magnetfeld und den Plasmaparametern.

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Modell des Plasmaflusses © J. Chen and V. Kunkel

Das Ergebnis des Vergleichs: Die von Chens Modell theoretisch vorhergesagten Werte stimmen bis auf ein Prozent genau mit den tatsächlich gemessenen Parametern überein. Ausbreitung und Flugbahn der Plasmawolke entsprachen nahezu vollständig den Vorhersagen. Damit liegt nun das erste Modell für die koronalen Massenauswürfe vor, das die Richtung und das Ausmaß solcher Eruptionen replizieren kann.

Das Modell zeigt damit auch, dass die grundliegenden Kräfte, die auf die solaren Plasma-„Doughnuts“ wirken, die gleichen sind wie in künstlich erzeugten Plasmastrukturen im Labor, beispielsweise in einem Fusionsreaktor.

(American Physical Society, 08.11.2010 – NPO)

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