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Astronomie

Rätselhafte Gleichrichtung planetarischer Nebel

Ausrichtung von bipolaren Nebeln an der Milchstraßen-Ebene überrascht Astronomen

Dieser bipolare Nebel PN G111.8-02 liegt im Sternbild Cassiopeia. Und auch seine Längsdachse ist an der Ebene der Milchstraße ausgerichtet. © ESO

Sie sind Lichtjahre voneinander entfernt, haben nichts miteinander zu tun – und zeigen trotzdem alle eine rätselhaft gleiche Ausrichtung: Astronomen haben bei schmetterlingsförmigen Planetarischen Nebeln im Zentralbereich unserer Milchstraße seltsame Gemeinsamkeiten entdeckt. Ihre Längsachsen liegen alle ziemlich genau in der Ebene der Galaxie. Das sei sehr überraschend, berichten die Forscher. Denn gerade im vollen Galaxienzentrum würde man eher eine zufällige Ausrichtung erwarten. Erste Vermutungen zur Ursache des Phänomens gibt es aber bereits.

Der letzte Lebensabschnitt eines sonnenähnlichen Sterns endet mit einer Explosion: Der Stern schleudert seine äußeren Schichten ab und bildet so glühende Gaswolken, die den übrigbleibenden Weißen Zwerg umgeben. Diese Planetarischen Nebel bezeichnet kommen in einer Fülle an wunderschönen und atemberaubenden Gestalten vor. Eine Unterart dieser Nebel, die als bipolare planetarische Nebel bezeichnet wird, erscheint als geisterhafte Sanduhr oder Schmetterling um seinen Mutterstern.

130 Exemplare solcher Planetarischen Nebel im zentralen Bereich unserer Milchstraße haben Astronomen nun dem New Technology Telescope der ESO und dem Hubble Weltraumteleskop der NASA näher untersucht. Sie haben dabei drei verschiedene Typen von Nebeln identifiziert: elliptische, solche mit einer inneren Struktur und die bipolaren Nebel. Bei den ersten beiden Typen fanden die Forscher nichts sonderlich Aufregendes. Anders war dies jedoch bei den bipolaren Nebeln:

Längsachsen liegen alle auf einer Ebene

Die schmetterlingsförmigen Mitglieder dieser kosmischen Familie scheinen auf eine rätselhafte Weise ausgerichtet zu sein: Ihre Längsachse – die durch die „Flügel“ des Schmetterlingsform verläuft – ist stets entlang der Ebene der Milchstraße ausgerichtet. „Das ist ein wirklich überraschender Befund und, wenn er sich bewahrheitet, ein sehr wichtiger”, erklärt Bryan Rees von der University of Manchester. Denn all diese Nebel sind an verschiedenen Orten entstanden und besitzen unterschiedliche Eigenschaften.

Weder die einzelnen Nebel, noch die Sterne, aus denen sie entstanden sind, hatten jemals Kontakt oder konnten sich gegenseitig in irgendeiner Weise beeinflussen. „Obwohl jegliche axiale Ausrichtung überraschend wäre, ist es noch überraschender diese in der überfüllten Zentralregion unserer Galaxie zu finden”, erläutert Koautor Albert Zijlstra von der University of Manchester.

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Stern bestimmt Ausrichtung – normalerweise

Normalerweise werden Planetarische Nebel durch die Rotation des Sternsystems, aus dem sie entstehen, geformt. Dessen Eigenschaften beeinflussen, in welche Richtung die ausgeschleuderten Gase fliegen und welche Form sie annehmen. Doppelsternsysteme bilden beispielsweise besonders oft bipolare Nebel. Aber da ihre Ausrichtung zufällig ist, müsste dies eigentlich auch bei den resultierenden Gasnebeln der Fall sein.

Vier verschiedene bipolare Nebel. Ähnliche Nebel im Milchstraßenzentrum sind alle gleich ausgerichtet. © ESO

„Die Ausrichtung, die wir für diese bipolaren Nebel beobachten, deutet darauf hin, dass an Sternsystemen innerhalb des Bulge irgendetwas skurril ist”, sagt Rees. „Damit sie sich so aufreihen, wie wir das beobachten, muss die Rotation der Sternsysteme, die sie gebildet haben, senkrecht zu den interstellaren Wolken gewesen sein, aus denen sie entstanden sind, was sehr merkwürdig ist.”

Sind starke Magnetfelder schuld?

Der neue Fund deutet daher möglicherweise auf einen anderen rätselhaften Einflussfaktor hin: Magnetfelder in der zentralen Aufwölbung, dem Bulge, unserer Milchstraße. Möglicherweise, so mutmaßen die Forscher, waren diese Magnetfelder in der Jugendzeit unserer Galaxie stärker als bisher angenommen. Sie könnten dann dafür gesorgt haben, dass sich die von Sternen ausgeschleuderten Gase entlang der galaktischen Ebene ausrichteten.

Bisher ist nur sehr wenig über die Herkunft und Eigenschaften der Magnetfelder in unserer Galaxie in ihren jungen Jahren bekannt. Sollten sie tatsächlich die Ausrichtung der Planetarischen Nebel im Milchstraßenzentrum beeinflusst haben, zeigt dies, dass sie dort um ein Vielfaches stärker gewesen sein müssen als in der Nachbarschaft unserer Sonne. Denn in unserer Region der Galaxie fehlt diese einheitliche Ausrichtung der Schmetterlingsnebel, wie die Forscher berichten.

„Wir können viel aus den Beobachtungen dieser Objekte lernen”, fasst Zijlstra zusammen. „Denn sollten sie sich tatsächlich auf diese unerwartete Art verhalten, hat dies nicht nur Konsequenzen für die Geschichte einzelner Sterne sondern für die Geschichte unserer gesamten Galaxie.” (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2013; arXiv:1307.5711)

(ESO, 05.09.2013 – NPO)

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