Eisige Geburt: Astronomen haben erstmals Indizien dafür entdeckt, wie Planeten um Doppelsterne trotz der Turbulenzen entstehen könnten. Neue Aufnahmen der ALMA-Teleskope zeigen um einen 450 Lichtjahre entfernten Doppelstern eine sichelförmige, auffallend gasarme Zone in der protoplanetaren Scheibe. In ihr könnte ausgefrorenes Gas als „Kleber“ für das Zusammenklumpen des Staubs dienen.
Lange Zeit galten Doppelsterne als zu turbulent, um Planeten bilden zu können. „Die Theorie war, dass Planeten dort keine stabilen Umlaufbahnen finden“, erklärt Andrea Isella von der Rice University in Houston.
Doch Beobachtungen der letzten Jahre widerlegen diese Annahme: 2011 entdeckten Astronomen einen ersten Planeten mit zwei Sonnen und sogar der nahe Stern Alpha Centauri B, wird von einem etwa erdgroßen Planeten umkreist. Im Sternbild Stier entdecken Forscher zudem ein Doppelstern-System, in dem beide Partner eine protoplanetare Scheibe besitzen.
Materiescheibe um zwei Sternenpartner
Jetzt haben Isella und seine Kollegen mit Hilfe des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) erstmals in eine solche Doppelstern-Staubscheibe hineingeblickt. Der rund 450 Lichtjahre entfernte Doppelstern HD 142527 besteht aus einem Stern der doppelten Sonnenmasse und einem kleineren, nur ein Drittel Sonnenmassen umfassenden Begleiter. Beide umkreisen sich in einer Entfernung, die etwa der zwischen Sonne und Saturn entspricht.
„Die neuen ALMA-Aufnahmen enthüllen zuvor nie gesehene Details zu den physikalischen Prozessen, die die Planetenbildung um dieses und vielleicht auch andere Doppelstern-Systeme prägen“, erklärt Isella. Die breite, elliptische Gas- und Staubscheibe liegt mit 50 astronomischen Einheiten relativ weit von den beiden Sternenpartnern entfernt. Sie besteht vorwiegend aus Gas, darunter auch Kohlenmonoxid-Variante mit unterschiedlichen Kohlenstoffisotopen.
Eisschicht als Kleber
Besonders interessant aber ist ein sichelförmiger Bereich in dieser Wolke, der ungewöhnlich wenig Gas, aber dafür umso mehr Staub und Eis enthält. „Dort, wo wir den dichtesten Staub finden, verschwinden die Kohlenmonoxid-Moleküle fast vollständig“, berichtet Isella. Die Forscher vermuten, dass es in dieser Zone besonders kalt sein könnte.
„Die Temperatur dort ist wahrscheinlich so niedrig, dass das Gas ausfriert und einen Eisüberzug über den Staubpartikeln bildet“, erklärt Isella. „Wenn sich aber ein solcher Eismantel um die Staubkörner bildet, dann erhöht das ihre Fähigkeit, zusammenzuklumpen und Planetesimale und später Planeten zu bilden.“ Das sei ähnlich wie bei Schneebällen, die besser kleben als glatte Steine.
Genau dies aber könnte entscheidend dazu beitragen, dass in solchen Doppelstern-Systemen trotz der Turbulenzen Planeten entstehen. Warum sich diese Kältezone allerdings nur über einen sichelförmigen Bereich der Staubscheibe erstreckt und ob in diesem Gebiet vielleicht sogar schon erste Planetesimale vorhanden sind, ist bisher unklar.
(National Radio Astronomy Observatory, 15.02.2016 – NPO)