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Unter dem Indischen Ozean entsteht eine neue Plattengrenze

Geologen finden Indizien für ein Auseinanderreißen der Indisch-Australischen Erdplatte

Indischer Ozean
Im Indischen Ozean bahnt sich die Geburt einer neuen Plattengrenze an – dort bricht die Indisch-Australische Erdplatte allmählich auseinander. © NASA

Riss in der Platte: Unter dem Indischen Ozean könnte sich die Geburt einer neuen Plattengrenze anbahnen. Anzeichen für ein solches Auseinanderreißen der Indisch-Australischen Platte haben Forscher im Wharton-Becken nordwestlich von Australien entdeckt. Dort bewegen sich die Plattenteile um 1,7 Millimeter pro Jahr gegeneinander und reißen dabei mehrere kilometerlange Senken auf. Bis diese Teilung abgeschlossen ist, könnte es aber noch rund zehn Millionen Jahre dauern.

Die Indisch-Australische Ozeanplatte ist eine der größten Erdplatten unseres Planeten. Sie reicht vom Norden Indiens bis weit südlich und östlich von Australien und bildet die Basis für einen Großteil des Indischen Ozeans. Im Norden grenzt sie an die Eurasische Platte und verursacht dadurch sowohl im Himalaya wie auch vor Indonesien immer wieder schwere Erdbeben. In ihrem Inneren jedoch sollte diese Riesenplatte eigentlich weitgehend stabil und seismisch ruhig sein.

Wharton-Becken
Lage des Wharton-Beckens im Indischen Ozean © Pimvantend/CC-by-sa 3.0

Zwei Starkbeben mitten in der Platte

Doch das ist nicht der Fall: „Im Jahr 2012 ereigneten sich im Inneren der Indisch-Australischen Platte zwei außergewöhnliche Erdbeben mit Magnituden größer als 8 – was eigentlich typisch ist für Plattengrenzen-Ereignisse“, berichten Aurélie Coudurier-Curveur von der Nanyang Technological University in Singapur und ihre Kollegen. Diese Starkbeben rissen den Meeresgrund entlang einer alten Verwerfung im Wharton-Becken nordwestlich von Australien auf.

„Das Vorkommen dieser ungewöhnlich starken Erdbeben und die Reaktivierung der alten Verwerfung werfen die Frage auf, ob die Erdplatte möglicherweise dabei ist, an dieser Stelle auseinanderzubrechen“, so die Forscher. Um das zu untersuchen, haben sie die bathymetrischen Daten einer Expedition ausgewertet, die 2016 den Meeresgrund im Wharton-Becken vermessen hat.

Zusätzlich analysierten sie seismische Profile entlang der sogenannten F6a-Verwerfung. Diese alte tektonische Schwächezone ist mindestens tausend Kilometer lang und zieht sich in Nord-Süd-Richtung durch das Wharton-Becken.

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Spreizungs-Senken zeigen aktive Verschiebung

Das Ergebnis: Entlang der alten F6a-Verwerfung identifizierten die Forscher 62 charakteristische Spreizungs-Becken, sogenannte „Pull Apart-Basins“. An diesen Stellen hat sich der Untergrund eingesenkt, weil sich die benachbarten Krustenteile auseinander bewegt haben. Die Länge dieser Senken reicht von 350 bis zu fast 8.000 Metern, ihre Breite variiert zwischen 300 und 2.750 Metern, wie Coudurier-Curveur und ihr Team berichten.

„Damit sind die Pull Apart-Basins entlang von F6a genauso groß wie die an der San-Andreas-Verwerfung oder am Toten Meer“, konstatieren die Geologen. Ihren Ergebnissen nach verhält sich die reaktivierte F6a-Verwerfung damit ähnlich wie lokale Blattverschiebungen entlang von Plattengrenzen. Die Analysen deuten zudem darauf hin, dass die meisten dieser Spreizungs-Senken jünger sind als 2,3 Millionen Jahre.

1,7 Millimeter pro Jahr

Für ein Wiederaufreißen dieser alten Schwächezone spricht auch die Bewegung des Gesteins entlang von F6a: Die Ränder dieser Verwerfung verschieben sich im Schnitt um 1,7 Millimeter pro Jahr gegeneinander, wie die Forscher ermittelten. Das sei zwar eine Größenordnung weniger als entlang der San-Andreas-Verwerfung oder anderer großer kontinentaler Transformstörungen. Aber andere Plattengrenzen wie am Toten Meer bewegen sich nur etwa doppelt so schnell.

„Es ist damit keine sich sonderlich schnell bewegende Struktur, aber verglichen mit anderen Plattengrenzen noch immer signifikant“, sagt Coudurier-Curveur. In rund einer Million Jahren könnten die Ränder dieser Verwerfung immerhin schon 1,7 Kilometer weit auseinandergewichen sein.

Trennungsprozess wird noch zehn Millionen Jahre dauern

Nach Ansicht der Wissenschaftler sprechen diese Ergebnisse dafür, dass unter dem Indischen Ozean gerade eine neue Plattengrenze entsteht. „Die F6a-Verwerfung ist schon jetzt die dominante Scherungszone für die unterschiedliche Bewegung der Indischen und Australischen Teilplatte“, so Coudurier-Curveur und ihre Kollegen. „Sie ist damit eine im Entstehen begriffene Plattengrenze zwischen diesen beiden Teilen.“

Bis allerdings die Teilung der Indisch-Australischen Platte abgeschlossen ist, könnte es noch rund zehn Millionen Jahre dauern, wie die Forscher erklären. Weil diese Trennung zudem eher in Zeitlupe abläuft, wird auch das nächste Starkbeben möglicherweise noch einige tausend Jahre auf sich warten lassen. Denn die durch die Verschiebung verursachte Spannung im Gestein wächst nur langsam – zum Glück für die Menschen an den umliegenden Küsten. (Geophysical Research Letters, 2020; doi: 10.1029/2020GL087362)

Quelle: AGU, livescience

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