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Geowissen

Rätsel der pinkfarbenen Diamanten gelöst

Drei Faktoren schufen die weltgrößte Lagerstätte farbiger Diamanten

Rosa Diamanten
Diese großen, farbigen Diamanten stammen aus der Argyle-Mine in Westaustralien – der ergiebigsten Lagerstätte für solche Diamanten weltweit. Doch was ist ihr Geheimnis? © Murray Rayner

Das perfekte Rezept: Fast alle rosa Diamanten weltweit stammen aus nur einer einzigen Lagerstätte in Australien. Warum dieses Diamantvorkommen so viele farbige Diamanten enthielt, haben nun Geologen aufgeklärt. Demnach kamen in Argyle gleich drei günstige Faktoren zusammen: Zuerst gelangte Kohlenstoff in große Tiefe, dann verzerrte eine Kontinentkollision das Kristallgitter der Diamanten und machte sie farbig. Der dritte Faktor – ein Dehnen der Erdkruste – bahnte dann dem diamanthaltigen Magma den Weg nach oben.

Die größten und reinsten Diamanten haben besonders tiefe Wurzeln: Sie entstehen, wenn Kohlenstoff bis in mehr als 500 Kilometer Tiefe gelangt und dort zur kompakten Diamantstruktur verdichtet wird. Auch die seltenen blauen Diamanten haben ihren Ursprung in diesen Tiefen. Die meisten heute bekannten Diamantlagerstätten liegen deshalb in Kratonen, den tiefreichenden Wurzeln der Kontinente, in denen die Diamanten entstanden und dann von urzeitlichen Vulkanen an die Oberfläche befördert wurden.

Argyle-Mine
Blick auf die Argyle-Mine in Westaustralien. 90 Prozent aller farbigen Diamanten weltweit stammen von dort.© Murray Rayner

Schatzkammer für rosa Diamanten

Doch ausgerechnet eine der größten und ergiebigsten Diamantlagerstätten weltweit passt nicht in dieses Bild: das Argyle-Vorkommen in Westaustralien. Dort wurden bis zur Schließung der Mine im Jahr 2020 im Schnitt mehr als 20 Karat Diamant pro Tonne Gestein gefunden und rund 90 Prozent aller farbigen Diamanten weltweit stammen aus dieser 1979 entdeckten Lagerstätte. Auch die seltenen und hochbegehrten rosa Diamanten haben ihren Ursprung fast alle in der Argyle-Mine.

Aber warum? Eigentlich dürfte es in diesem Gebiet gar keine Diamanten geben, denn die Argyle-Lagerstätte liegt nicht in einem Kraton, ist jünger als die anderen Vorkommen und enthält auch kein Kimberlit, das als besonders diamantreiches Mineral gilt. Stattdessen liegt das Diamantvorkommen genau zwischen zwei Kratonen in einer alten Nahtstelle zwischen zwei urzeitlichen Landmassen. „Argyle liegt an der Stelle, an der die Kimberley-Region und der Rest Nordaustraliens einst aufeinanderprallten“, erklärt Erstautor Hugo Olierook von der Curtin University in Perth.

rosa Diamanten
Diese seltenen rosafarbenen Diamanten sind für die Argyle-Lagerstätte typisch.© sMurray Rayner

Kontinentkollision machte die Diamanten farbig

Diese geologische Besonderheit könnte erklären, warum es in Argyle besonders viele farbige Diamanten gibt: Bei der Annäherung der beiden Landmassen vor mehr als 1,8 Milliarden Jahren wurde zunächst oberflächennaher Kohlenstoff zusammen mit Krustengestein tief in den Erdmantel gedrückt und dort zu Diamant komprimiert. Als dann die Kontinente kollidierten, sorgte der seitliche Druck dafür, dass das Kristallgitter der Diamanten verbogen und verzerrt wurde, wodurch sich die Lichtbrechung veränderte und der Farbeindruck entstand.

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Unklar war jedoch bisher, wie die Diamanten wieder aus dem tiefen Erdmantel an die Oberfläche gelangten. Zwar sind die Argyle-Diamanten heute in einem Mineralgemisch vulkanischen Ursprungs eingebettet, das Olivin-Lamproit. Doch warum und wann dieses ehemalige Magma die Diamanten nach oben transportierte, blieb rätselhaft. Um dies zu klären, haben Olierook und sein Team mehrere Bohrproben aus den diamantführenden Formationen der Argyle-Mine mit mehreren Methoden genauer datiert.

Tektonische Dehnung brachte die Edelsteine nach oben

Dabei zeigte sich: Die vulkanischen Diamantadern von Argyle sind rund 1,3 Milliarden Jahre alt und damit rund 100 Millionen Jahre älter als bisher gedacht. Dadurch liegt ihr Ursprung genau in einer Zeit, in der eine diese Region eine zweite große Umwandlung erlebte: Nachdem zuvor mehrere Landmassen zu einem Superkontinent verschmolzen waren, begann dieser Nuna-Superkontinent vor rund 1,3 Milliarden Jahren, wieder auseinanderzubrechen.

tektonische Rekonstruktion
Diese Rekonstruktion zeigt das Zerbrechen des Nuna-Superkontinents und die Position Argyles. © Olierook et al./ Nature Communications, CC-by 4.0

„Zwar blieb der Kontinentteil, der später zu Australien werden sollte, bei diesem Auseinanderbrechen zusammen“, erklärt Olierook. „Aber das Gebiet, in dem Argyle heute liegt, wurde damals stark gedehnt.“ Weil die Kruste dort durch die vorangegangene Kontinentkollision noch geschwächt war, riss der Untergrund an dieser Stelle auf. „Durch diese Risse in der Erdkruste konnte Magma aufsteigen und die rosa Diamanten mit sich an die Oberfläche bringen“, so der Geologe.

Gibt es noch weitere „Argyle-Lagerstätten“?

Damit klären diese Ergebnisse die Frage, warum es ausgerechnet in der Argyle-Lagerstätte so viele farbige Diamanten gibt. Demnach trafen dort gleich drei günstige Umstände zusammen: Kohlenstoff gelangte in die Tiefe, eine Kontinentkollision machte die dort gebildeten Diamanten farbig und schließlich sorgte eine Dehnung der Kruste dafür, dass das diamanthaltige Magma aus dem Erdmantel in die Höhe steigen konnte.

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte dieses Wissen nun dabei helfen, weitere Diamant-Lagerstätten dieses Typs aufzuspüren. „Dort wo diese drei Grundzutaten vorhanden sind – tiefer Kohlenstoff, eine Kontinentkollision und dann eine Dehnung – könnte es ein weiteres ‚Argyle‘ geben“, sagt Olierook. Er hält es für durchaus möglich, dass es selbst in Australien noch unentdeckte Lagerstätten der begehrten rosafarbenen Diamanten geben könnte.

Allerdings könnte die Suche nach diesen Diamantvorkommen schwierig werden: Während Reste alter Kratone und ihrer Vulkane oft durch Erosion an der Oberfläche sichtbar sind, ist dies bei den urzeitlichen Nahtstellen früherer Kontinente nicht der Fall. „Diese Ränder sind oft von viel Sand und Boden überdeckt, das macht es schwer, das diamanthaltige Vulkangestein zu finden“, erklärt Olierook. (Nature Communications, 2023; doi: 10.1038/s41467-023-40904-8)

Quelle: Curtin University, Nature Communications

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