Die gefrorenen Böden der Erde speichern mehr Kohlenstoff als bisher vermutet. Wissenschaftler haben festgestellt, dass insbesondere der Bodentyp Löss in den Permafrostregionen beim Abtauen große Mengen Kohlendioxid an die Atmosphäre abgeben könnte. Diese bisher nicht in Klimamodellen berücksichtigte Erkenntnis wurde jetzt in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Science veröffentlicht.
Ein Team von Wissenschaftler der Universitäten von Florida und Alaska sowie Kollegen aus Russland hat festgestellt, dass der Löss-Permafrost, der in Sibirien und Alaska mehr als eine Million Quadratkilometer bedeckt, ein Kohlenstoffreservoir ist, dass einen bedeutenden Beitrag zum atmosphärischen Kohlendioxid leisten könnt, bisher aber in Analysen der durch den Klimawandel hervorgerufenen Veränderungen selten mit einbezogen wurde.
Kohlenstoff in der Tiefe verborgen
„Der sibirische Löss-Permafrost ist einzigartig, weil der sehr tief ist – 20 bis 40 Meter – und eine für einen mineralischen Boden überraschend hohe Kohlenstoffkonzentration in der Tiefe besitzt“, erklärt Terry Chapin vom Institut für Arktische Biologie der Universität von Alaska. „Diese Studie erklärt die Prozesse, die zur Akkumulation großer Mengen von Bodenkohlenstoff führten und die Prozesse, die diesen in die Atmosphäre freisetzen könnten.“
Das größte Karbonreservoir der Erde ist der Ozean, der nach Schätzungen der Forscher rund 40.000 Gigatonnen Kohlenstoff speichert. Böden enthalten 2.500 Gigatonnen und die Vegetation rund 650. Nach den Ergebnissen der neuen Studie sind noch einmal 500 Gigatonnen in den von einem Tauen bedrohten Lössböden der Permafrostgebiete gespeichert, vor allem in Sibirien und Alaska.
„Ich war überrascht, weil es ungewöhnlich ist, noch neue große Kohlenstofflager zu finden“, erklärt Chapin. „Wir haben mehr als fünf Jahre damit verbracht, alle Details der Kalkulationen zu diskutieren, weil ich anfangs nicht glauben konnte, dass der Pool sowohl so groß als auch so leicht abbaubar sein könnte.“
Schnelle Freisetzung bei Tauwetter
Bisher wurde Permafrost in die globalen Kohlenstoffbudgets nur selten mit eingerechnet, da die Größe des darin enthaltenen Kohlenstoffpools nicht genau quantifiziert werden konnte und in Teilen auch, weil die globale Datenbasis für Böden so standardisiert worden ist, dass nur für den obersten Meter des Bodens Daten erfasst wurden. „Die Leute wissen zwar über Kohlenstoff im Permafrost Bescheid – es ist schließlich keine triviale Menge“, erklärt Ted Schuur von der Universität von Florida. „Aber normalerweise schauen Wissenschaftler nur in den oberen Schichten danach, dort, wo organische Materie sich zersetzt.“
In Labor und Feldexperimenten wiesen die Forscher nach, dass die organische Materie im Lössboden sich schnell zersetzt, wenn der Boden taut und dann Kohlendioxid in Raten freisetzt, die denen der produktiven nördlichen Grasländer entsprechen. „Wenn diese Raten so weitergehen, wie die Feldbeobachtungen zeigen, dann wird der Kohlenstoff im gerade getauten Lössboden noch in diesem Jahrhundert freigesetzt werden – ein extremer Kontrast zur Tatsache, dass der Kohlenstoff zuvor Zehntausende von Jahren im gefrorenen Permafrost konserviert war“, so die Forscher.
(Institute of Arctic Biology, 16.06.2006 – NPO)