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Klima

Klimafolgen: Am teuersten für die Reichen?

Sozioökonomische Kosten pro Tonne ausgestoßenem CO2 für Indien, USA und Co besonders hoch

Ob Hitze, Dürre oder Sturm: Durch lokale Klimafolgen haben vor allem reiche Länder viel zu verlieren. © Dwart/ iStock.com

Es trifft die Richtigen: Geht der Klimawandel weiter, könnte es für einige Industrieländer besonders teuer werden – darunter die USA, Indien und Saudi-Arabien. Denn die lokalen Klimaveränderungen verursachen bei ihnen die höchsten soziökonomischen Kosten, wie nun eine Studie belegt. Gerade für diese Länder wäre demnach Klimaschutz besonders sinnvoll – denn sie haben durch den Klimawandel am meisten zu verlieren, erklären die Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“.

Prinzipiell scheint klar, dass letztlich alle unter einem ungebremsten Klimawandel leiden werden. Denn zunehmende Hitzewellen, Starkregen oder Dürren, aber auch heftigere Stürme führen schon jetzt zu Ernteeinbußen und Produktionsausfällen und sorgen immer wieder für schwere Wetterkatastrophen. Durch die Globalisierung tragen dabei selbst nicht direkt betroffene Regionen die wirtschaftlichen Folgen mit.

Die Kosten des Klimawandels

Doch was heißt das konkret – und auf einzelne Länder umgerechnet? Als gängiger Maßstab für die wirtschaftlichen Kosten des Klimawandels gilt der SCC-Wert (social cost of carbon). Er gibt an, welche sozioökonomischen Kosten in US-Dollar pro Tonne emittierten Kohlendioxids durch die Klimaveränderungen entstehen. Bisherige Schätzungen des globalen SCC variieren allerdings extrem – Werte zwischen zehn und 1.000 US-Dollar pro Tonne CO2 wurden errechnet. Die länderspezifischen Werte sind jedoch noch schwerer zu ermitteln.

Das Problem dabei: Gerade die Industrieländer lagern mit der Produktion vieler Konsumgüter im Ausland auch einen Großteil ihrer CO2-Emissionen aus. „Das bewirkt eine Externalisierung der Umweltfolgen, die nicht die wahren Kosten des nationalen Konsums widerspiegeln“, erklärt Katharine Ricke von der University of California San Diego. Die regionalen Klimafolgen tragen dadurch andere, meist ärmere Länder – so die gängige Annahme.

Der SCC gibt die sozioökonomischen Kosten durch Klimaveränderungen pro ausgestoßener Tonne CO2 an. © Danicek/ iStock.com

Für die Reichen wird es am teuersten

Ob das stimmt, haben nun Ricke und Team nun mit einem neuen Ansatz überprüft. Dafür kombinierten sie vier verschiedene Modelle miteinander, um die wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Länder, die Klimaentwicklung in verschiedenen Szenarien, die Klimafolgen sowie die Anfälligkeit verschiedener Länder und Regionen miteinander in Verbindung zu bringen.

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Das überraschende Ergebnis: Entgegen bisherigen Annahmen haben viele reichen Länder durch den Klimawandel am meisten zu verlieren. Die höchsten sozioökonomischen Kosten durch lokale Klimaveränderungen kommen demnach auf einige Staaten zu, die heute zu den größten Emittenten von CO2 gehören: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die drei Länder mit den weltweit höchsten CO2-Emissionen – China, die USA und Indien – auch die meisten wirtschaftlichen Folgen auf Landesebene tragen müssen“, berichten die Forscher.

„Trumps Argument ist ein totaler Mythos“

Besonders hoch sind demnach die Klimawandel-Kosten für Indien, das heute für rund 21 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist. Mit einem SCC-Wert von 86 US-Dollar pro ausgestoßener Tonne CO2 führt das Land die Tabelle an. Direkt dahinter folgen die USA mit einem SCC-Wert von 48 US-Dollar pro Tonne CO und Saudi-Arabien mit 47 US-Dollar. China muss immerhin noch mit wirtschaftlichen Kosten von rund 24 US-Dollar pro ausgestoßener Tonne CO2 rechnen.

US-Präsident Donald Trump hat verkündet, dass die USA aus dem Pariser Klima-Abkommen aussteigen. © The White House

Das bestätigt: US-Präsident Donald Trump schadet seiner Abkehr vom Klimaschutz nicht nur dem Weltklima insgesamt, er schneidet sich und seinem eigenen Land ins eigene Fleisch. Denn die USA haben bei einem ungebremsten CO2-Austoß mit am meisten zu verlieren. „Die Annahme, dass eine Senkung des amerikanischen CO2-Ausstoßs andere Länder bevorteilt, ist ein totaler Mythos“, sagt Ricke. „Stattdessen finden wir konsistent in hunderten unserer Szenarien, dass die USA immer einen der höchsten nationalen SCC-Werte hat.“ Mit anderen Worten: Ein ungebremster CO2-Ausstoß schadet den USA selbst am meisten – was auch schon frühere Studien ergeben haben.

Deutschland profitiert – teilweise

Interessant auch: Obwohl Kanada, der nördliche Teil der EU und Russland ebenfalls zu den großen CO2-Schleudern gehören, sind die Folgen des CO2-Ausstoßs bei ihnen deutlich geringer. Der Grund: Diese Staaten liegen in kühleren Klimazonen und könnten damit – entsprechende Anpassungen vorausgesetzt – sogar von einer Erwärmung profitieren. „Die aktuellen Temperaturen in diesen Ländern liegen unter dem wirtschaftlichen Optimum“, erklären die Forscher.

Allerdings: Die indirekten Kosten durch Lieferengpässe und gestiegene Preise für Güter aus anderen Regionen, aber auch die Belastung durch Klimaflüchtlinge sind hier noch nicht mit eingerechnet. „Die Globalisierung und die viele Wege über die Länder heute miteinander verknüpft sind bedeuten, dass ein hoher SCC-Wert in einem Land zu zusätzlichen Kosten in einem andere Land führen kann, selbst wenn in diese der SCC nominell negativ ist“, betonen Ricke und ihre Kollegen.

Mehr Klimaschutz aus Eigennutz?

Nach Ansicht der Forscher demonstrieren ihre Ergebnisse, dass auch viele reiche Länder nicht vor erheblichen Kosten durch lokale Klimaveränderungen gefeit sind. Vielen sei dies nur nicht bewusst. Ricke und ihr Team hoffen, dass die neuen Erkenntnisse dazu beitragen werden, die stagnierenden Klimaschutz-Anstrengungen vieler Industrienationen wieder anzutreiben – quasi aus nationalem Eigennutz.

„Denn auch wenn unsere Berechnungen zwangsläufig mit großen Unsicherheiten behaftet sind, überschatten diese doch nicht die robuste Botschaft, dass einige der größten Emittenten der Welt auch am meisten durch Klimafolgen zu verlieren haben“, konstatieren die Wissenschaftler. (Nature Climate Change, 2018; doi: 10.1038/s41558-018-0282-y)

(University of California San Diego, 25.09.2018 – NPO)

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