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Meeresforschung

Auch die Ozeane setzen Mikroplastik frei

Gischt und Luftbläschen schleudern winzige Plastikpartikel in die Atmosphäre

Stürmische See
Bei stürmischem Wetter schleudert die Gischt Mikroplastik-Partikel in die Meeresluft. © Alvise Vianello

Marine Plastikschleuder: Die Meere nehmen nicht nur unseren Plastikmüll auf, sondern geben auch selbst Mikroplastik an die Atmosphäre ab, wie Forschende nun herausgefunden haben. Demnach gelangen einige der Mikroplastikpartikel, die durch Flüsse und Wind im Meerwasser gelandet sind, über Gischt und platzende Luftbläschen wieder zurück in die Luft. Selbst über dem Nordatlantik, fernab vom Land, konnte das Forschungsteam Konzentrationen von bis zu 37,5 Nanogramm Mikroplastik pro Kubikmeter Luft messen.

In den Weltmeeren treibt tonnenweise Plastikmüll, der das Wasser versauern lässt und Meerestiere sowie Vögel gefährdet. Im Laufe der Zeit zersetzt sich das Plastik und wird zu ebenfalls schädlichem Mikroplastik. Bisher dachte man, dass diese weniger als fünf Millimeter kleinen Partikel im Meer verbleiben und beispielsweise auf den Grund hinabsinken oder in die Skelette von Korallen eingebaut werden. Gleichzeitig sind aber auch in der Meeresluft immer wieder Mikroplastikpartikel nachgewiesen worden, deren Ursprung unklar blieb.

Luftsammeln im Nordatlantik

Forschende um Isabel Goßmann von der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg haben nun erstmals genauer ermittelt, woher das Mikroplastik in der Meeresluft stammt. Sie wollten wissen, ob es vom Land über den Ozean geweht wird oder aus dem Meerwasser kommt. Um mehr dazu herauszufinden, fuhren sie mit einem Forschungsschiff entlang der norwegischen Küste bis in die Arktis und nahmen unterwegs immer wieder Proben von der Luft.

Zurück im Labor werteten Goßmann und ihr Team diese Proben aus und analysierten unter anderem, wie viele und welche kleingeriebenen Kunststoff-Partikel in ihnen steckten. Außerdem führten sie verschiedene Modellrechnungen durch, mit denen sie die möglichen Quellen und Verbreitungswege der mikroskopisch kleinen Plastikpartikel nachzeichnen konnten.

Meere sind Mikroplastik-Quelle

Das Ergebnis: Die Proben enthielten verschiedene Mengen und Arten von Mikroplastik. Besonders häufig konnten Goßmann und ihre Kollegen Polyester und Polyethylenterephthalate (PET) nachweisen, aber auch Polypropylen (PP), Polycarbonat und Polystyrol kamen vor. Selbst fernab der Küste stellte das Team dabei noch Mikroplastik-Konzentrationen von bis zu 37,5 Nanogramm pro Kubikmeter Luft fest. „Diese Schadstoffe sind omnipräsent. Wir finden sie selbst in abgelegenen polaren Regionen“, sagt Goßmann.

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Doch woher kommt dieses Mikroplastik? „Unsere Modellrechnungen deuten darauf hin, dass das Mikroplastik in der Meeresluft sowohl von Quellen an Land als auch direkt aus dem Meer stammt“, berichtet Goßmanns Kollegin Barbara Scholz-Böttcher. „Folglich fungiert der Ozean, der früher ausschließlich als Senke für Mikroplastik angesehen wurde, auch als Quelle für atmosphärisches Mikroplastik“, erklärt das Team.

Das Mikroplastik, das über sich zersetzenden Müll, abblätternde Schiffsanstriche, Flüsse und Regen in den Ozeanen landet, bleibt dort also nicht, sondern verflüchtigt sich zu einem gewissen Teil wieder in die Atmosphäre.

Mit der Gischt in die Luft

Wie aber gelingt dem Mikroplastik der Wechsel von Wasser zu Luft? Die Forschenden gehen davon aus, dass winzige Plastikpartikel, die nahe der Meeresoberfläche schwimmen, vor allem bei stürmischem Wetter in die Atmosphäre gelangen können. Die vom Wind aufgewühlte Gischt und brechende Wellen schleudern mit Plastik beladene Wassertröpfchen in die Luft. Auch über mit Mikroplastik beladene Luftbläschen, die an der Meeresoberfläche aufsteigen und dann platzen, kann das Mikroplastik in die Atmosphäre gelangen.

Einmal in der Atmosphäre angekommen, können die Mikroplastik-Partikel aufgrund ihrer geringen Größe länger in der Schwebe bleiben und vom Wind mitgetragen werden. (Nature Communications, 2023; doi: 10.1038/s41467-023-39340-5)

Quelle: Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg

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