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Energie

Kernfusion: Weniger Energieverlust beim Stellarator

Optimierter Magnetkäfig des Testreaktors Wendelstein 7-X verringert Plasmaverluste

Wasserstoffplasma
Wasserstoffplasma im Fusionsreaktor Wendelstein 7-X. Sein Magnetkäfig ist so optimiert, dass die sonst für Stellaratoren typischen Energieverluste geringer ausfallen. © Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

Wenn es um die Energiegewinnung durch Kernfusion geht, hat das Bauprinzip des Tokamak bisher die Nase vorn – es wird unter anderem beim Forschungsreaktor ITER umgesetzt. Doch jetzt ist es Physikern gelungen, eines der großen Probleme beim konkurrierenden Stellarator zumindest einzudämmen: Plasmatests am deutschen Testreaktor Wendelstein 7-X belegen, dass die optimierten Magnetfelder die Energieverluste des Plasmas signifikant gesenkt haben.

Die Kernfusion gilt als eine Option für die Energiegewinnung der Zukunft. Bisher hat jedoch keines der beiden grundsätzlichen Bauprinzipien solcher Anlagen Kraftwerksreife erreicht. Tokamaks wie im Forschungsreaktor ITER haben den Vorteil, dass ihre Magnetfelder relativ einfach strukturiert sind und wenig Plasmaenergie nach außen entweichen lassen. Dafür kann ein solcher Reaktor immer nur schubweise gezündet werden. Im Gegensatz dazu kann ein Stellarator im Dauerbetrieb laufen – und wäre daher theoretisch für ein Kraftwerk besser geeignet.

Zu viele Wellen und Lücken im Käfig

Das Problem jedoch: Beim Stellarator wird das heißen Plasma von einer komplexen Anordnung ringförmiger Magnete in Form gehalten. Das entstehende Magnetfeld ist in sich verdrillt und zwingt das Plasma in eine wellige, spiralig verdrehte Form. Dies führt aber dazu, dass Plasmateilchen trotz ihrer Bindung an die magnetischen Feldlinien nach außen driften und verloren gehen. Sie entweichen durch winzige Lücken im Magnetkäfig und verringern so die Dichte und Energie des verbleibenden Plasmas.

Diese sogenannten „neoklassischen“ Energieverluste machen die bisherigen Stellaratoren ineffektiv. Mehr Energie herauszuholen als man durch die Heizleistung hineinsteckt, wäre so unmöglich. Zudem die Verluste wachsen mit steigender Plasmatemperatur so stark an, dass ein nach diesem Prinzip geplantes Kraftwerk sehr groß und damit sehr teuer sein müsste.

Optimierte Magnetfelder

Aus diesem Grund wurde mit dem Testreaktor Wendelstein 7-X am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald eine Fusionsanlage gebaut, die diese neoklassischen Energieverluste so weit wie möglich verringern sollte. Dafür wurden Form und Anordnung der 50 supraleitenden Magnetspulen dieses Stellarators mithilfe ausgefeilter Modellrechnungen so optimiert, dass möglichst wenig Lücken im Magnetkäfig entstehen.

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Fusionsprodukt
Stellarator-Weltrekord für das Fusionsprodukt in Wendelstein 7-X © Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

Ob dies die Energieverluste wie erhofft senkt, haben nun Craig Beidler vom IPP und seine Kollegen näher untersucht. Dafür werteten sie die Messdaten der bisherige Testläufe mit einem Wasserstoffplasma aus, darunter auch einen Versuch im Jahr 2018, bei dem Wendelstein 7-X einen neuen Rekord für das Fusionsprodukt von Stellaratoren aufgestellt hat. Dieses Produkt aus Temperatur, Plasmadichte und Energieeinschlusszeit gibt an, wie nahe man den Werten für ein brennendes Plasma kommt.

Energieverluste verringert

Die Analysen ergaben: Im optimierten Magnetfeldkäfig von Wendelstein 7-X sind die neoklassischen Energieverluste tatsächlich signifikant geringer als bei herkömmlichen Bautypen. Weil sie rund 30 Prozent der Heizleistung ausmachen, hätte der Reaktor sind seinen Rekord im Fusionsprodukt nicht erreichen können. „Die in Wendelstein 7-X beobachteten Plasmaprofile sind nur in Magnetfeldern mit geringen neoklassischen Verlusten denkbar“, erklärt Per Helander vom IPP. „Umgekehrt ist damit bewiesen, dass die Optimierung des Wendelstein-Magnetfeldes die neoklassischen Verluste erfolgreich absenkt.“

Allerdings waren die Plasmaentladungen im Test-Stellarator bislang nur kurz. Um die Leistungsfähigkeit des Wendelstein-Konzeptes im Dauerbetrieb zu testen, wird zurzeit eine wassergekühlte Wandverkleidung eingebaut. So ausgerüstet, wird man sich schrittweise an 30 Minuten lange Plasmen heranarbeiten. Dann lässt sich überprüfen, ob Wendelstein 7-X seine Optimierungsziele auch im Dauerbetrieb – dem wesentlichen Plus der Stellaratoren – erfüllen kann. (Nature, 2021; doi: 10.1038/s41586-021-03687-w)

Quelle: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

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