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Evolution

Wo sind all die Krokodile hin?

Neuer Stammbaum der Krokodile enthüllt Gründe für das Aussterben vieler Arten

Krokodil
Heute existieren nicht einmal mehr 30 Krokodilarten – aber warum? © Arnoldophoto/ Getty Images

Reptilien vermisst: Heute gibt es weniger als 30 Arten von Krokodilen, doch in der Vergangenheit waren es insgesamt über 700. Warum die Vielfalt dieser Reptilien derart zurückgegangen ist, enthüllt nun eine neue Stammbaum-Rekonstruktion. Demnach waren die wichtigsten Treiber für den Krokodilschwund sinkende Temperaturen, steigende Meeresspiegel und die zunehmende Konkurrenz zu anderen Arten, wie die Forschenden in „Nature“ berichten.

Heutzutage kennen wir rund 25 Arten von Krokodilen: vom riesigen Salzwasserkrokodil über den Mississippi-Alligator bis hin zum Gavial mit seiner langen, schmalen Schnauze. Doch vergleicht man diesen Artenreichtum damit, wie viele verschiedene Krokodilspezies es in der Vergangenheit gab, erscheint die heutige Vielfalt geradezu mickrig.

Denn seit sich die Krokodile nach dem Perm-Massenaussterben vor 252 Millionen Jahren entwickelt haben, hat diese Reptiliengruppe über 700 verschiedene Arten hervorgebracht, darunter auch zweibeinig laufende Landkrokodile sowie Meereskrokodile mit glatter Haut. Doch warum ist von dieser Vielfalt kaum noch etwas übrig?

Poposaurus
Vor 230 Millionen Jahren war die Gruppe der Krokodile besonders artenreich. Zu ihren Vertretern gehörte damals auch der zweibeinige Poposaurus. © Jagged Fang Designs

Ein Stammbaum für Familie Krokodil

Forschende um Alexander Payne von der University of York haben nun erstmals untersucht, welche Bedingungen in der Vergangenheit zur Entstehung neuer Krokodilarten sowie zu deren Aussterben geführt haben. Dafür rekonstruierte das Team zunächst einen mehr als 500 Krokodilspezies umfassenden Stammbaum, der sowohl auf heute lebenden Tieren als auch auf Fossilienfunden beruhte.

Anschließend ergänzten Payne und seine Kollegen diesen Stammbaum um die Umweltbedingungen, die zu den Lebzeiten der verschiedenen Arten geherrscht hatten. Ein besonderer Fokus lag dabei auf den globalen Temperaturen sowie auf der Höhe des Meeresspiegels. So konnte das Team schließlich rekonstruieren, was einst das Aussterben beziehungsweise die Entstehung von Krokodilarten begünstigt hatte.

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Steigender Meeresspiegel als Todesbote

Das Ergebnis: „Wir stellen fest, dass wärmere Temperaturen mit einer verstärkten Artenbildung sowohl bei marinen als auch bei terrestrischen Linien einhergehen“, berichten die Forschenden. Denn während solcher Warmzeiten konnten die kaltblütigen Krokodile sich über den gesamten Planeten bis hinauf in die Arktis ausbreiten. Das bot den Tieren viel Raum, um neue ökologische Nischen zu besetzen und Arten auszubilden, wie Payne und seine Kollegen erklären. Lediglich die Süßwasserkrokodile zeigten sich in der Vergangenheit weitestgehend unbeeindruckt von Temperaturwechseln.

Dafür traf sie ein anderer Faktor umso stärker: der Stand des Meeresspiegels. „Ein niedrigerer Meeresspiegel geht mit einer verstärkten Artenbildung in terrestrischen und Süßwasserlinien einher, während ein höherer Meeresspiegel mit dem Aussterben dieser beiden Linien verbunden ist“, berichten die Forschenden. Denn wenn das Meer ansteigt, überflutet es geeignete Lebensräume für an Land und in Seen und Flüssen lebende Krokodile und lässt ihre Zahl somit schwinden. Auf Meereskrokodile haben diese Veränderungen dagegen keine Auswirkungen.

Ein dritter Faktor, der sich offenbar negativ auf die Artenvielfalt der Krokodile ausgewirkt hat, ist Konkurrenz. Wie Payne und sein Team feststellten, gingen die Krokodile aus dem Wettbewerb um Ressourcen mit Dinosauriern, Haien oder Meeresreptilien häufig als Verlierer hervor. Herrschte jedoch wenig Konkurrenz, war es umso vielfältiger um die Krokodile bestellt.

Düsterer Blick in die Zukunft

Die Erkenntnisse zur Krokodilevolution sind aber nicht nur relevant für die Rekonstruktion der Vergangenheit, sondern könnten auch bei der Vorhersage der Zukunft helfen. Schließlich gelten mittlerweile sieben Krokodilarten als vom Aussterben bedroht, vier weitere als gefährdet. Wie geht es nun mit ihnen weiter?

„Viele Krokodilarten leben in niedrig gelegenen Gebieten, was bedeutet, dass der mit der globalen Erwärmung einhergehende Anstieg des Meeresspiegels die Lebensräume, auf die sie angewiesen sind, unwiderruflich verändern könnte“, erklärt Seniorautorin Katie Davis von der University of York. Da solche Veränderungen bereits in der Vergangenheit oft zum Aussterben von Krokodilarten geführt haben, könnte es einigen heutigen Krokodilen ähnlich ergehen. (Nature Ecology & Evolution, 2023; doi: 10.1038/s41559-023-02244-0)

Quelle: University of York

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