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Biologie

Skurril: Gottesanbeterin ahmt Wespe nach

Erster Fall einer Bateschen Mimikry bei Fangschrecken entdeckt

Vespamantoida
Raffinierte Täuschung: Auf den ersten Blick ähnelt dieses Insekt einer Schlupfwespe, in Wirklichkeit aber handelt es sich um eine Fangschrecke – eine Gottesanbeterin. © Gavin Svenson/ Cleveland Museum of Natural History

Täuschung statt Tarnung: Eine in Peru entdeckt Fangschreckenart nutzt eine ungewöhnliche Strategie gegen Fressfeinde. Denn statt sich zu tarnen, wie bei anderen Mantisarten üblich, ahmt sie eine orange-schwarze Schlupfwespe nach. Diese Gottesanbeterin ist damit der erste bekannte Fall einer Bateschen Mimikry bei den Fangschrecken – der Imitation eines wehrhaften Prädators samt seiner auffallenden Warntracht.

Fangschrecken sind für ihre raffinierte Tarnung und Jagdstrategie bekannt: Getarnt als Blätter, Äste oder auch farbige Blüten lauern sie auf Beute und schnappen dann blitzschnell mit ihren klauenbewehrten Fangbeinen zu. Meist stehen Insekten und Spinnen auf dem Speiseplan der Fangschrecken, aber die Gottesanbeterin (Mantis religiosa) fängt auch Frösche, Eidechsen, Fische und sogar Vögel. Fast immer verlassen sich die Lauerjäger dabei auf ihre gute Tarnung.

Vespamantoida wherleyi
Orange-schwarze Farbe, schmale Taille und lange Antennen – Vespamantoida wherleyi zeigt viele typische Merkmale einer Schlupf- oder Wegwespe. © Gavin Svenson/ Cleveland Museum of Natural History

Orange-schwarz wie eine Wespe

Doch jetzt haben Gavin Svenson und Henrique Rodrigues vom Cleveland Museum of Natural History einen äußerst ungewöhnlichen Vertreter der Mantodea entdeckt – eine Fangschrecke, die auf knallige Farben statt auf Tarnung setzt. Aufgespürt haben die Forscher diese neue Gattung und Art im peruanischen Regenwald in der Nähe des Amazonasflusses.

Eines Abends ging ihnen dort ein auffallend orange-schwarz gezeichnetes Insekt in ihre Lichtfalle. Auf den ersten Blick ähnelte dieses Insekt einer Schlupfwespe oder Wegwespe. Es besaß eine für viele Wespen typische Warntracht und auch seine schmale Taille und die Antennen glichen denen dieser Wespen. Selbst in seinen raschen, immer wieder von Pausen mit wippendem Hinterleib unterbrochenen Bewegungen ähnelte das Insekt den Hautflüglern.

Unter Fangschrecken einzigartige Nachahmung

Das Überraschende jedoch: Als die Forscher ihren Fang näher untersuchten, erwies sich dieses Insekt nicht als Wespe, sondern als Fangschrecke. Statt zur Tarnung Pflanzenteile nachzuahmen, wie sonst bei den meisten Fangschrecken der Fall, setzt diese zuvor unbekannte Gattung und Art auf die Batesche Mimikry – die Nachahmung eines giftigen oder anderweitig wehrhaften Tieres mitsamt dessen Warntracht.

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„Dies ist die erste dokumentierte Art einer adulten Gottesanbeterin, die in Farbe, Verhalten und Morphologie eine auffallend gefärbte Wespe nachahmt“, konstatieren Svenson und Rodrigues. Für Fangschrecken sei diese Strategie der Nachahmung eines Prädators absolut einzigartig. Zwar gibt es einige Arten, deren Larven oder Puppen an Ameisen erinnern. Eine Art, die als Erwachsene eine Wespe nachahmt war aber zuvor völlig unbekannt.

Warum machen das nicht auch andere Fangschrecken?

Typischerweise profitieren Spezies von der Bateschen Mimikry, weil ihre Nachahmung giftiger oder räuberischer Tiere ihre Fressfeinde abschreckt. Fast alle bisher bekannten Fangschrecken dagegen setzen auf Tarnung durch Unauffälligkeit. Die neuentdeckte Spezies unterscheidet sich damit so deutlich von den restlichen Fangschrecken, dass die Forscher sie einer neuen Gattung zuordnen. Sie tauften die Spezies Vespamantoida wherleyi.

„Es sind bisher rund 2.500 Arten von Fangschrecken beschrieben, ich vermute aber, dass es rund 5.000 Spezies gibt“, erklärt Svenson. „Das weckt die Frage, warum diese knallige Wespen-Mimikry bei keiner anderen bisher bekannten Art vorkommt? Warum hat sie sich nicht auch in anderen Linien dieser Gruppe entwickelt?“ Denn wenn Vespamantoida wherleyi diese leuchtend orange-rote Färbung besitzt, dann muss sie einen biologischen Vorteil davon haben – sonst gäbe es diese Art nicht mehr.

Welcher Art dieser Vorteil ist und warum nicht auch andere Fangschrecken ihn nutzen, ist jedoch bisher rätselhaft. „Wir haben darauf bisher keine Antwort“, sagt Svenson. (PeerJ, 2019; doi: 10.7717/peerj.7886)

Quelle: Cleveland Museum of Natural History

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