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Paläontologie

Riesen-Dinos liefen auf weichen Sohlen

Dicke Fußpolster schützten die Fußknochen der Sauropoden vor der enormen Gewichtsbelastung

Giraffatitan
Massige Riesen-Dinosaurier wie der Giraffatitan könnten ihre Fußknochen mit dicken Gallertpolstern gegen die enorme Gewichtsbelastung geschützt haben. © Andréas Jannel/ The University of Queensland

Stützende „Absätze“: Die langhalsigen Riesen-Dinosaurier liefen wahrscheinlich auf dicken, gepolsterten Sohlen durch die urzeitliche Landschaft. Denn nur durch solche Fußpolster konnten die Füße der Sauropoden dem enormen Gewicht der Tiere standhalten, wie nun eine biomechanische Rekonstruktion ergeben hat. Demnach wären die Fußknochen dieser bis zu 70 Tonnen schweren Dinosaurier ohne solche elastischen Stützpolster unter der Last gebrochen.

Ob Brachiosaurus, Dreadnoughtus oder Australotitan: Die pflanzenfressenden Sauropoden des Jura und der Kreidezeit waren die größten Landtiere, die je über unseren Planeten gestapft sind. Diese langhalsigen Riesen-Dinosaurier wurden bis zu 30 Meter lang und rund 70 Tonnen schwer. Lange Zeit vermuteten Paläontologen deshalb, dass diese Tiere ihr enormes Gewicht fast nur in flachen Gewässern stehend tragen konnten. Doch fossile Fußabdrücke belegen, dass die Sauropoden auch auf dem Land unterwegs waren.

SAuropode
Wie konnten die Füße dieses Giraffatitan seinem enormen Gewicht standhalten? © Andréas Jannel

Sauropoden-Füße im biomechanischen Stresstest

Das weckt die Frage, wie die Füße der Sauropoden dieser enormen Gewichtsbelastung standhalten konnten. Zwar liefen die Riesen-Dinosaurier auf allen vieren und besaßen dicke, säulenartige Beine. Dennoch konzentrierte sich die Hauptlast auf den eher dünnen Knochen der Zehen und Füße. „Wie sie diesen Kräften standhalten konnten, ist eine der herausforderndsten biomechanischen Fragen in der Evolution der Landwirbeltiere“, erklären Andreas Jannel von der University of Queensland in Brisbane und seine Kollegen.

Für ihre Studie nutzten die Paläontologen die fossilen Füße von fünf verschiedenen Sauropodenarten, um biomechanische 3D-Modelle ihrer Fußknochen zu erstellen. An diesen testeten sie dann, welchen Belastungen die einzelnen Knochen beim Stehen und Gehen ausgesetzt waren. Das Körpergewicht der untersuchten Arten reichte von neun Tonnen bis zu 34 Tonnen beim Giraffatitan brancai, einem bis zu 26 Meter langen Sauropoden, der vor rund 150 Millionen Jahren lebte.

Belastung weit jenseits der Bruchgrenze

Die biomechanischen Analysen enthüllten: Unter der Last des Körpergewichts zeigten die Zehen und Mittelfußknochen aller Sauropoden schon im Stand hohe Belastungen von mehr als 500 Megapascal, bei einer Art stiegen sie sogar auf bis zu 5.000 Megapascal. „Aus mechanischer Sicht ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Sauropoden-Fußknochen Belastungen dieses Ausmaßes aushalten konnten, ohne zu brechen“, erklären Jannel und seine Kollegen.

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Noch stärker wären die Belastungen gewesen, wenn die Riesen-Dinosaurier sich in Bewegung setzten: „Durch wiederholte Belastung mit diesem schweren Gewicht wie beim normalen Gehen hätte sich die Lage noch verschärft“, so die Paläontologen. „Letztlich hätte dies zu Ermüdungsbrüchen in allen Zehen geführt.“ Mit anderen Worten: Ohne weitere Hilfsstrukturen hätten die Füße der Sauropoden ihr enormes Gewicht nicht tragen können.

Könnten Fußpolster die Knochen geschützt haben?

Doch es gibt eine Lösung für dieses Problem: Ähnlich wie die heutigen Elefanten könnten die Sauropoden ihre Fußknochen durch dicke, elastische Fußpolster gestützt haben. Bei den Elefanten, die Zehengänger sind, ruht das größte Gewicht dadurch auf einem gallertartigen Polster unter dem hinteren Fußteil. Die Zehen berühren zwar den Boden, sind aber weitgehend entlastet. Auch die Sauropoden waren Zehengänger und könnten daher mit zunehmender Körpergröße dieses biologische Polsterprinzip genutzt haben.

Das Problem jedoch: Weil solche Fußpolster aus weichem, sich schnell zersetzendem Material bestehen, sind sie bei den Sauropodenfossilien nicht erhalten geblieben. Mögliche Indizien für gepolsterte Füße lieferten bisher nur einige Fußabdrücke der Riesen-Dinosaurier, bei denen man vorne zwar deutliche Zehenabdrücke sieht, hinten aber nur einen breiten runden Rand. Jannel und sein Team haben nun erstmals den biomechanischen Effekt eines Fußpolsters auf den Sauropodenfuß mithilfe numerischer Simulationen rekonstruiert.

Sauropoden-Evolution
Mit zunehmendem Körpergewicht (oben) passten die Sauropoden auch uihre Fußanatomie an – unter anderem durch dicke Polster.© Jannel et al./ Science Advances, CC-by 4.0

Weicher „Absatz“ für die Riesen

Das Ergebnis: Werden die Füße der fünf Test-Sauropoden mit einem Fußpolster ausgestattet, reduziert sich die Belastung ihrer Fußknochen dramatisch. „In allen Fällen senkte die Präsenz eines Weichteil-Polsters unter dem zentralen und hinteren Teil des Fußes die Belastung auf weniger als 100 Megapascal – und damit deutlich unter die Schwelle des potenziellen physischen Versagens“, berichten die Forschenden. Zusammen mit weiteren Strukturen wie Sehnen, Bändern und Muskeln könnten solche Polster demnach die Füße der Riesen-Dinosaurier stabilisiert und vor Schäden geschützt haben.

Nach Ansicht der Paläontologen haben die Fußpolster wahrscheinlich erst nach und nach ihre Stützfunktion übernommen: Die frühen, kleineren Sauropoden waren noch normale Zehenläufer, deren Fuß aber schon Ansätze einer verdickten Rückseite besaß. Als sich dann immer größere Formen entwickelten, verdickten sich diese Polster und übernahmen immer größte Teile der Last. „Ohne die mechanischen Vorteile dieser Fußpolster hätten die fortgeschrittenen Sauropoden wahrscheinlich nie ihre enormen Körpermassen entwickeln können“, konstatieren die Forscher. (Science Advances, 2022; doi: 10.1126/sciadv.abm8280)

Quelle: American Association for the Advancement of Science (AAAS)

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