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Biologie

Pappel-„Untermieter“ sorgen für Turbo-Wachstum

Biologen erforschen einzigartige Symbiose von Pflanze und Bakterien

Stimuliertes Wachstum durch Endophyten-Beimpfung: links ohne Endophyten, rechts mit Endophyten © Universität Wien

Bakterien eilt kein besonders guter Ruf voraus. Sie werden fast immer mit Krankheiten in Verbindung gebracht. Dass bestimmte Mikroben, die in Pappeln leben, durchaus positive, wenn nicht sogar überlebensnotwendige Funktionen für die Pflanze übernehmen, haben jetzt Wiener Wissenschaftler herausgefunden.

So fördern diese so genannten Endophyten unter anderem das Pflanzenwachstum, was diese wiederum interessant für die Biotreibstoff-Produktion macht. Die Forscher um Wolfram Weckwerth berichten über ihre Ergebnisse im Fachjournal „Molecular Plant-Microbe Interactions“.

Einzigartige Symbiose

Erdöl als fossiler Energieträger wird bald Geschichte sein, und dass Nahrungsmittel wie etwa Getreide, Mais und Zuckerrübe als Biotreibstoff angebaut werden, ist angesichts des weltweiten Nahrungsmittelmangels keine Lösung.

„Ein möglicher Energieträger der Zukunft könnte die Pappelpflanze sein“, erklärt Weckwerth vom Department für Molekulare Systembiologie der Universität Wien: „Die Ergebnisse unserer Forschungsarbeit belegen, dass die in Pappeln ‚wohnenden‘ Bakterien mit besonderen Mechanismen zu deren Wachstum beitragen. Weiter in die Zukunft gedacht, könnte man das Wachstum der Pflanzen mithilfe dieser endophytischen Bakterien steigern und somit die Basis für Biotreibstoff kultivieren.“

Ein langer Forschungsweg

Vor der bahnbrechenden Erkenntnis, dass Pflanzenbakterien das Wachstum ihres Wirts fördern, lagen viele Jahre intensiver Forschungsarbeit. Erst kürzlich gelang es in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe um Dietrich Ewald vom Johann Heinrich von Thünen-Institut in Deutschland, eine bakterienfreie Pappelpflanze zu kultivieren und zu analysieren: „Das war ein großer Durchbruch, der es uns nun erstmals ermöglichte, zu untersuchen, wie sich Pappeln ohne Bakterien von ‚normalen‘ Pappeln unterscheiden“, so Weckwerth.

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Die Pappelpflanze könnte ein möglicher Energieträger der Zukunft sein. © Universität Wien

Analyse im Massenspektrometer

Diese bakterienfreien Pappeln bilden also die Basis für die Forschungsarbeit von Weckwerth und seinem Team. Anhand so genannter Metabolitenanalysen versuchen sie festzustellen, ob und welche Unterschiede zwischen Pappeln mit und ohne Bakterien bestehen. So wie das Genom die Gesamtheit aller Gene und das Proteom die Gesamtheit aller Proteine bezeichnet, steht das Metabolom eines jeden Organismus für alle Metaboliten, das heißt alle Stoffwechselprodukte – Zucker, Fettsäuren, Aminosäuren, etc. – einer Zelle.

Für die Analyse trennten die Forscher die Metaboliten-Proben im Massenspektrometer chromatographisch. So erhielten sie einzelne Molekülmassen, die sie für den späteren Vergleich in eigens angelegten Bibliotheken identifizieren konnten.

Spannende Interaktion

Nach der statistisch-mathematisch äußerst komplexen Auswertung der Analysen stellten die Systembiologen signifikante Unterschiede in mehreren Stoffwechselprodukten von Pappeln mit und ohne Bakterien fest: „Besonders auffällig war der stark erhöhte Gehalt stickstoffhaltiger Metabolite in den Pappeln mit Bakterien – essenzielle Stoffe für das Pflanzenwachstum“, so Weckwerth. Durch diese Versuche fand das Forscherteam der Universität Wien heraus, wie endophytische Bakterien das Wachstum fördern.

Derzeit erarbeiten die Systembiologen die Details dieses Vorgangs. In Versuchen in den USA konnte das Wachstum von Pappeln, denen zusätzliche endophytische Bakterien eingeimpft wurden, bereits um bis zu 50 Prozent gesteigert werden. „Biotreibstoff ist sicherlich die Zukunft. Die USA haben dies bereits erkannt und investieren enorme Summen in die Forschung. Europa darf hier den Anschluss nicht verlieren“, so Weckwerth abschließend.

(idw – Universität Wien, 28.10.2009 – DLO)

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