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Zoologie

Neue Riesenschlange entdeckt

Die größte Würgeschlange der Welt besteht in Wirklichkeit aus zwei Arten

Anakonda-Maul
Nahaufnahme einer Nördlichen Grünen Anakonda (Eunectes akayima). Diese Riesenschlangen-Spezies wurde erst durch DNA-Vergleiche identifiziert. © Bryan Fry

Die größte Würgeschlange der Welt bekommt Zuwachs: Biologen haben eine neue Anakonda-Art in Südamerika identifiziert. Die bis zu acht Meter lange Spezies wurde bisher für eine Große Anakonda (Eunectes murinus) gehalten – sie gleicht ihr äußerlich wie ein Zwilling dem anderen. Doch DNA-Analysen enthüllten, dass die im nördlichen Südamerika verbreiteten Riesenschlangen eine eigene, seit zehn Millionen Jahren getrennte Spezies bilden. Sie wurde nun Nördliche Grüne Anakonda (Eunectes akayima) getauft.

Riesenschlangen wie Anakondas, Boas und Pythons gehören zu den größten und furchteinflößendsten Reptilien der Erde. Anders als Giftschlangen setzen sie auf schiere Kraft und Größe, um ihre Beute zu überwältigen. Sie drücken ihnen die Luft und die Blutversorgung ab und verschlingen sie dann am Stück. Einer der größten bekannten Vertreter dieser Riesenschlangen ist die im tropischen Südamerika heimische Große Anakonda (Eunectes murinus). Diese ans Wasserleben angepassten Würgeschlangen können vermutlich mehr als acht Meter lang und 200 Kilogramm schwer werden.

Anakonda (Eunectes akayima)
Die neuentdeckte Anakonda-Art Eunectes akayiama ist äußerlich nicht von der Großen Anakonda (Eunectes mursinus) zu unterscheiden. © Bryan Fry

Riesenschlangen-Fahndung im Dschungel

Doch wie sich nun herausstellt, gibt es nicht nur eine Spezies der Großen Anakonda, sondern zwei. Entdeckt haben dies Bryan Fry von der University of Queensland und sein Team, als sie mehrere Exemplare dieser Riesenschlangen im Dschungel Ecuadors einfingen und untersuchten. „Unser Team hatte eine seltene Einladung vom Volk der Waorani erhalten, das Gebiet zu erkunden und Proben der Anakondas zu nehmen – diese sind Gerüchten zufolge die größten Schlangen der Welt“, erklärt Fry.

Auf ihrer Bootstour durch das Flusssystem der entlegenen Gegend stießen die Biologen tatsächlich auf mehrere Anakondas. „Die Größe dieser prachtvollen Kreaturen war unglaublich! Ein Weibchen war erstaunliche 6,30 Meter lang“, sagt Fry. Nach Berichten der Waorani sollen andere Anakondas in diesem Gebiet sogar fast acht Meter Länge erreichen und 200 Kilogramm schwer sein.

Äußerlich gleich, genetisch sehr verschieden

Doch die eigentliche Sensation zeigte sich, als Fry und sein Team DNA-Proben dieser Riesenschlangen analysierten und mit der von Anakondas aus anderen Teilen Südamerikas verglichen. Das überraschende Ergebnis: Die Anakondas aus Ecuador unterscheiden sich genetisch um 5,5 Prozent vom Genom der Großen Anakonda. „Ein solches Ausmaß der genetischen Differenzen habe ich nicht erwartet“, sagt Fry. „Zum Vergleich: Menschen unterscheiden sich von Schimpansen nur um rund zwei Prozent.“

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Nach Ansicht der Biologen bedeutet dies, dass die Riesenschlangen, die man bisher alle für Große Anakondas gehalten hat, in Wirklichkeit zwei verschiedenen Arten angehören. Beide sind zwar äußerlich absolut identisch, haben sich aber genetisch schon vor rund zehn Millionen Jahren voneinander getrennt. Die bisher bekannte Große Anakonda Eunectes mursinus ist demnach nur im südlichen Teil des tropischen Südamerika verbreitet. Die neue, Eunectes akayima getaufte Art kommt dagegen im nördlichen Südamerika vor.

Verbreitung
Fundorte der neuen Art Eunectes akayima (hellgrün) und der bekannten Großen Anakonda (Enectes murinus). © Rivas et al./ MDPI Diversity, CC-by 4.0

Konsequenzen auch für den Artenschutz

Relevant ist diese Entdeckung nicht nur für die biologische Systematik, sondern auch für den Artenschutz. Denn bislang galt die Große Anakonda wegen ihres vermeintlich riesigen Verbreitungsgebiets als nicht gefährdet. Betrachtet man jedoch die beiden Arten nun getrennt, könnte sich das Bild jedoch ändern: „Wir kennen die Verbreitung der verschiedenen Populationen noch nicht, daher wissen wir auch nicht, welche Populationen möglicherweise durch Inzucht und Lebensraumverlust gefährdet sind“, erklären die Forschenden.

Als Top-Prädatoren ihres Ökosystems sind Riesenschlange besonders anfällig gegenüber der Vernichtung ihrer Lebensräume durch Rodungen, Bergbau oder andere Umweltveränderungen, wie das Team erklärt. „Die Entdeckung einer neuen Schlangenart ist aufregend, aber umso dringlicher ist es jetzt, diese Spezies und ihre Ökosysteme weiter zu erforschen“, sagt Fry. Nur so könne man ihren Schutz gewährleisten.

Welche der beiden Arten beschrieb Linné?

Interessant auch: Die neue Aufteilung der Anakondas wirft die Frage auf, welche Art eigentlich der berühmte Naturforscher Carl von Linné in seinem Werk „Systema Naturae“ beschrieben hat. War die von ihm beschriebene und phylogenetisch eingeordnete Riesenschlange eine echte Eunectes mursinus? Oder handelte es sich bei diesem Typusexemplar der Art um die erst jetzt identifizierte nördliche Anakonda-Art Eunectes akayima?

Als Ursprung des von Linné beschriebenen Exemplars ist in den historischen Aufzeichnungen nur „Amerika“ vermerkt. Allerdings vermuten Fry und sein Team, dass das damals beschriebene Exemplar aus Surinam stammte – und damit genau aus der Kontaktzone der beiden Anakonda-Arten. „Wir wissen nicht, um welche Spezies es sich handelte, weil beide äußerlich nicht unterscheidbar sind“, berichten die Biologen. Ob demnach Linnés Große Anakonda in Wirklichkeit die Nördliche Grüne Anakonda war oder nicht, bleibt damit erst einmal offen. (Diversity, 2024; doi: 10.3390/d16020127)

Quelle: University of Queensland

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