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Medizin

Intensivstation: Probiotische Keime senken Infektionsgefahr

Nützliche Bakterien stärkten Immunsystem schwerkranker Patienten

Probiotische Präparate können dazu beitragen, schwerkranke Patienten auf der Intensivstation gegen Infektionen und Entzündungen zu schützen. Das zeigt eine Studie chinesischer Forscher an 43 Patienten mit schweren Hirnverletzungen.

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Bekamen die bewusstlosen und künstlich beatmeten Patienten über ihre Magensonde regelmäßig eine Mischung nützlicher Milchsäurebakterien, verbesserte sich ihre Immunabwehr: Sie erkrankten weniger häufig an bakteriellen Infektionen als nicht behandelte Patienten in vergleichbarem Zustand. Das berichten die Forscher in der kommenden Ausgabe des Fachmagazins „Critical Care“. Die Patienten benötigten zudem weniger Antibiotika und konnten früher aus der Intensivstation entlassen werden.

Probiotische Präparate enthalten lebende Bakterien, die als nützlich und gesundheitsfördernd gelten. Die Keime sollen Krankheitserreger verdrängen und das Immunsystem stärken, so die gängige Annahme. Diese positive Wirkung sei unter anderem bei einigen Durchfallerkrankungen belegt, sagen die Forscher. Weniger klar sei aber bisher, ob Probiotika auch schwerkranken Patienten auf der Intensivstation helfen könnten.

Wirkung bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma untersucht

Die Wissenschaftler führten ihre Studie an Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma durch. Bei diesen Patienten ist das Immunsystem besonders geschwächt, ihr verletztes Gehirn gibt zudem entzündungsfördernde Botenstoffe ab.

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Diese ungünstige Ausgangssituation habe sich aber nach sieben bis 15 Tagen der regelmäßigen Gabe von Probiotika geändert, berichten die Forscher. Bei den behandelten Patienten produzierte das Immunsystem mehr von den Botenstoffen Interleukin und Interferon. Diese tragen unter anderem dazu bei die für die Erregerabwehr wichtigen Fresszellen zu aktivieren.

„Die probiotische Behandlung normalisierte das Immunsystem und hatte positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Patienten“, schreiben Jing-Ci Zhu vom North Sichuan Medical College und seine Kollegen. Sollte sich diese Wirkung auch in Studien mit mehr Patienten bestätigen, könne dies ein schonender Weg sein, um Infektionen mit Krankenhauskeimen bei schwerkranken Patienten zu reduzieren.

Milchsäurebakterien per Magensonde

Für ihre Studie teilten die Forscher 43 Patienten etwa gleichen Gesundheitszustands nach Zufallsprinzip in zwei Gruppen. Eine davon erhielt drei Mal täglich ein probiotisches Präparat, das die Milchsäurebakterien Bifidobacterium longum, Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus enthielt. Die andere Gruppe bekam nur ihre normale Nahrungsmischung. Über 21 Tage hinweg beobachteten die Wissenschaftler den Zustand der Patienten und analysierten mittels Blutproben deren Immunstatus.

Ab dem siebten Tag seien erste Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und der behandelten Gruppe bemerkbar gewesen, berichten Zhu und seine Kollegen. Neben den veränderten Botenstoffen habe sich dies auch am Befall mit Krankheitserregern gezeigt: Während sich drei Viertel der unbehandelten Patienten im Studienverlauf mit mehr als zwei verschiedenen Krankenhauskeimen infizierten, lag der Anteil solcher Mehrfachinfektionen in der Probiotika-Gruppe unter 15 Prozent. Daher mussten die Ärzte diesen Patienten auch weniger verschiedene Antibiotika verabreichen. (Critical Care, 2011)

(Critical Care / dapd, 05.12.2011 – NPO)

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