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Biotechnologie

Fruchtwasser liefert Stammzellen

Neue leicht verfügbare Quelle für pluripotente Stammzellen entdeckt

Wissenschaftler haben eine neue Quelle von Stammzellen entdeckt: das Fruchtwasser. Wie sie jetzt in „Nature Biotechnology“ berichten, ist es bereits gelungen, die aus der den Embryo umgebenden Flüssigkeit gewonnenen Zellen im Labor zu Muskel-, Knochen-, Fett-, Blutgefäß- und Nervenzellen werden zu lassen. Die Zellen weisen damit eine ähnliche Bandbreite auf, wie embryonale Stammzellen.

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„Unsere Hoffnung ist es, dass diese Zellen eine wertvolle Ressource für Gewebereparaturen und Organe darstellen“, erklärt Anthony Atala,, Leiter des Instituts für regenerative Medizin an der amerikanischen Wake Forest School of Medicine. Der Forscher hat den neuen Durchbruch in der Stammzellforschung gemeinsam mit Kollegen der Harvard Medical School veröffentlicht. „Seit Jahrzehnten weiß man, dass sowohl die Plazenta als auch das Fruchtwasser zahlreiche Vorläuferzellen des sich entwickelnden Embryos enthalten, darunter Fett-, Knochen-, und Muskelzellen“, so Atala. „ Wir haben uns gefragt: Gibt es eine Möglichkeit, das wir innerhalb dieser Zellpopulation auch echte Stammzellen finden? Die Antwort ist ja.“

Zwischenstadium zwischen embryonal und adult

Atala und seine Kollegen entdeckten eine kleine Anzahl von Stammzellen im Fruchtwasser – rund ein Prozent – aus denen eine Vielzahl der spezialisierten Zellen des menschlichen Körpers entstehen können. Die Wissenschaftler vermuten, dass diese von ihnen als Amnionflüssigkeit-abgeleitete Stammzellen (AFS) ein Zwischenstadium zwischen embryonalen und adulten Stammzellen darstellen. Eigenschaften beider Typen fanden sich in den neu entdeckten Zellen.

„Es dauerte sehr lange; bis wir belegen konnten, dass wir eine echte Stammzelle hatten“, so Atala. „Diese Zellen sind zur ausgedehnten Selbsterneuerung fähig, eine entscheidende Eigenschaft von Stammzellen. Sie können zudem eingesetzt werden, um eine große Bandbreite von Zellen zu erzeugen, die für Therapiezwecke wertvoll sein könnten.“

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Große Bandbreite an Zellen produzierbar

Die Wissenschaftler stellten fest, dass aus den Fruchtwasser-Stammzellen alle drei Hauptarten der Körperzellen eines sich entwickelnden Embryos erzeugt werden konnten – sowohl ektodermale, als auch mesodermale und endodermale Zellen. Mit ihrem hohen Grad an Flexibilität und dem starken Wachstumspotential ähneln die Fruchtwasser-Stammzellen stark den embryonalen Stammzellen. „Die volle Bandbreite von Zellen, die aus den AFS entstehen können, muss noch erforscht werden“, erklärt Atala. „Bisher waren wir mit jedem Zelltyp erfolgreich, den wir versucht haben aus diesen Stammzellen zu erzeugen. Die AFS produzieren auch reife Zelle, die Funktionstests bestehen und belegen damit ihren therapeutischen Wert.“

Die Funktionstests beinhalteten die Transplantation von aus diesen Stammzellen gezüchteten Nervenzellen in Mäuse mit degenerativen Hirnerkrankungen. Die neuen Zellen wuchsen und trugen zur Regeneration der erkrankten Hirnregionen bei. Außerdem entwickelten sich in Mäuse transplantierte Knochenzellen zu Knochengewebe und Leberzellen erzeugten Harnsäure.

Leicht verfügbar und hohes Teilungspotenzial

Ein wichtiger Vorteil der Fruchtwasser-Stammzellen für potenzielle medizinische Anwendungen ist auch ihre leichte Verfügbarkeit. In ihrer Veröffentlichung beschreiben die Forscher, wie sie die Stammzellen aus Fruchtwasserproben, die für die Pränatale Diagnostik gewonnen worden waren, isolierten, aber auch aus der Nachgeburt, der Plazenta und anderen Geweben. Theoretisch könnte, so Atala, eine Stammellenbank mit rund hunderttausend so gewonnenen Stammzelltypen ausreichen, um 99 Prozent der gesamten Bevölkerung mit genetisch passenden Stammzellen zu versorgen. Immerhin gibt es allein in den USA rund vier Millionen Geburten pro Jahr.

Die Fruchtwasser-Stammzellen sind jedoch nicht nur leicht zu gewinnen, sie können auch in großen Mengen im Labor vermehrt werden, da sie sich typischerweise alle 36 Stunden teilen. Des Weiteren, so beschreiben die Forscher die Vorteile, konnte bisher keine Tumorbildung festgestellt werden, auch so genannte „Feeder“-Zellen, die normalerweise die Entwicklung der Stammzellen regulieren, werden nicht benötigt.

(Wake Forest University Baptist Medical Center, 08.01.2007 – NPO)

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