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Archäologie

Benin-Bronzen sind aus deutschem Messing

Metall-Rohlinge für die afrikanischen Kunstwerke stammten aus dem Rheinland

Benin-Bronze
Diese mehrere hundert Jahre alte Benin-Bronze steht heute in einem englischen Museum. Sie wurde wie tausende andere Kunstwerke aus dem westafrikanischen Königreich Benin geraubt und nach Europa gebracht. © Matt Neale/ CC-by-sa 2.0

Überraschende Entdeckung: Das Rohmaterial für die afrikanischen Benin-Bronzen kam einst aus Deutschland, wie Isotopenanalysen enthüllen. Demnach wurden die Messing-Rohlinge für diese Kunstwerke hauptsächlich im Rheinland herstellt und dann nach Afrika verschifft. Dort dienten die Manillas genannten Messing-Ringe als Zahlungsmittel – und als Rohstoff für die vom 16. bis 18. Jahrhundert im Königreich Benin gefertigten Masken, Tafeln und Skulpturen.

Die Benin-Bronzen sind eine Sammlung von tausenden geprägten Metalltafeln, Masken und Skulpturen, die im 16. bis 18. Jahrhundert im Gebiet des heutigen Nigeria geschaffen wurden. Dort schmückten sie den Palast des Königreichs Benin, bis sie 1897 von den Briten als Beutekunst geraubt und nach Europa gebracht wurden. Auch deutsche Sammler und Museen erwarben die größtenteils aus Messing gefertigten Kunstwerke.

Bis heute befinden sich rund tausend Benin-Bronzen in deutschen Museen. Erst im Juli 2022 wurden sie offiziell wieder in nigerianisches Eigentum rückübertragen, bleiben aber größtenteils als Leihgaben in Deutschland. So weit, so bekannt.

Manilla-Tafel
Diese Benin-Tafel aus dem 16. Jahrhundert zeigt einen Portugiesen, umgeben von den damals als Zahlungsmittel genutzten Manillas. © Sailko/ CC-by-sa 3.0

Messing-Ringe als Rohmaterial?

Doch woher das Rohmaterial für die Benin-Bronzen stammt, war unklar. So nahm man an, dass die Messing-Kunstwerke größtenteils aus eingeschmolzenen „Manillas“ hergestellt wurden. Diese hufeisenförmigen Ringe aus Kupfer und Messing dienten europäischen Händlern und Sklavenjägern in Afrika als Zahlungsmittel. „Hundertausende dieser Manillas wurden mit Beginn des portugiesischen Afrikahandels im späten 15. Jahrhundert von Europa nach Afrika verschifft“, erklären Tobias Skowronek von der Technischen Hochschule Bochum und seine Kollegen.

Doch frühere Vergleiche solcher Manillas mit dem Material der Benin-Bronzen ergaben kein eindeutiges Bild. Überraschend jedoch: Einige Analysen der Benin-Bronzen ergaben einen ungewöhnlich einheitlichen Gehalt an Blei-Isotopen im Messing. „Dies widersprach dem Fakt, dass damals viele verschiedene Länder mit Afrika Handel trieben“, so das Team. Wenn Manillas als Rohstoff gedient hätten, müssten daher auch die Benin-Bronzen eine große Vielfalt an Isotopen-Signaturen aufweisen.

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Gleiche Blei-Isotopenwerte bei Manillas und Benin-Bronzen

„Stattdessen schien es, als wenn das Messing für die Benin-Bronzen aus nur einer einzigen, noch unbekannten Quelle stammte“, erklären die Forschenden. Doch wo lag diese Quelle? Um das herauszufinden, haben Skowronek und sein Team 67 Manillas analysiert, die aus fünf Schiffswracks im Atlantik und drei Fundorten an Land stammten. Die mit dem Afrikahandel verknüpften Schiffe und Funde stammten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert.

Die Analysen ergaben: Viele dieser Manillas enthalten ähnliche Anteile von Blei-Isotopen wie die berühmten Benin-Bronzen. Dies galt vor allem für die Messing-Ringe, die vor dem 18. Jahrhundert hergestellt oder verschifft worden waren, wie Skowronek und sein Team feststellten. Sie schließen daraus, dass diese Manillas ein Haupt-Rohstoff für die Bronzen gewesen sein müssen. „Andere Elemente wie Antimon, Arsen, Nickel und Bismut unterscheiden sich dagegen stärker“, berichten sie. Dies spreche dafür, dass den eingeschmolzenen Manillas auch einige andere Messing- oder Bronzereste zugefügt wurden.

Isotopenvergleich
Die Blei-Isotope der Benin-Bronzen (blaue Punkte) stammen am besten mit Erz aus dem Rheinland (grüne Dreiecke) überein.. © Skowronek/ PLoS ONE, CC-by 4.0

Die Manillas kamen aus dem Rheinland

Das Überraschende jedoch: Die Blei-Isotope der Manillas verraten auch, dass ihr Messing aus Deutschland kam – aus dem Rheinland. Dort lag in der frühen Neuzeit ein Zentrum der Metallverarbeitung und Messing-Produktion. Die Analysen belegen nun, dass die damals dort geförderten und verarbeiteten Metallerze die gleiche Blei-Isotopensignatur aufweisen wie die frühen Manillas und die Benin-Bronzen.

„Damit belegen wir etwas völlig Unerwartetes: Das Messing der meisterhaften Benin-Kunstwerke stammte nicht aus Großbritannien oder Flandern, wie lange angenommen, sondern aus dem Westen Deutschlands“, sagt Skowronek. „Dies ist das erste Mal, dass diese Verbindung wissenschaftlich belegt wird.“ Die rheinischen Metallhütten müssen demnach bis zum 18. Jahrhundert ein Hauptlieferant für die nach Afrika exportierten Manillas gewesen sein. Dafür spricht die große Homogenität der Isotopenwerte in diesen Messingringen.

„Die Benin-Bronzen sind die berühmtesten historischen Kunstwerke Westafrikas. Doch woher ihr Messing kam, war lange ein Rätsel“, sagt Skowronek. Jetzt sei dieses Rätsel gelöst. „Die Manillas aus dem Rheinland wurden mehr als 6.300 Kilometer weit bis nach Benin verschifft“, so der Forscher. (PLoS ONE, 2023; doi: 10.1371/journal.pone.0283415)

Quelle: PLOS

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