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Archäologie

Ägypten: Abgehackte Hände als Kriegstrophäe

Zwölf rechte Hände aus einem altägyptischen Palast liefern Beleg für gruselige Zeremonie

abgehackte Hand
Diese rechte Hand wurde nach einer Schlacht im alten Ägypten abgehackt und als Symbol des besiegten Feindes in einer Zeremonie präsentiert. © Manfred Bietak/ Österreichisches Archäologisches Institut

Gruseliger Fund: In Ägypten haben Archäologen drei Gruben mit abgehackten rechten Händen entdeckt. Es ist der erste Beleg für eine bisher nur von Abbildungen bekannte Praxis im alten Ägypten. Dabei trennten Soldaten ihren besiegten Feinden die Hände ab und präsentierten sie als Siegestrophäe dem Pharao. Anschließend wurden die abgehackten Hände begraben. Zwölf solcher Hände wurden nun bei Ausgrabungen in einem rund 3.500 Jahre alten Palast im Nildelta entdeckt.

Das Abhacken der rechten Hand ist in vielen Kulturen und Zeiten ein Akt der Bestrafung und Machtdemonstration. Im alten Ägypten finden sich in Gräbern hoher Militärs oder auf Tempelwänden Darstellungen, in denen die Soldaten dem Pharao die abgeschlagenen Hände ihrer besiegten Feinde präsentieren. Als Belohnung dafür erhielten sie vom Pharao eine Auszeichnung in Form eines Halsschmucks aus Goldperlen, wie Inschriften nahelegen. Doch bisher fehlten archäologische Belege für diese „Gold der Ehre“ genannte Zeremonie.

Hände
Hier sind elf der insgesamt zwölf im Hyksospalast entdeckten Hände zu sehen. © Manfred Bietak/ Österreichisches Archäologisches Institut

Zwölf abgehackte rechte Hände im Palasthof

Das hat sich nun geändert: Bei Ausgrabungen in Tell el-Dab’a im nordöstlichen Nildelta haben Julia Gresky vom Deutschen Archäologischen Institut und ihre Kollegen erstmals Hände entdeckt, die vermutlich im Rahmen dieses Kriegsakts abgetrennt, präsentiert und begraben wurden. Den Fund machte das Team in einer Palastruine aus der Hyksoszeit, einer Ära zwischen 1640 und 1530 v. Chr., in der die Herrschaft in Ägypten in den Händen einer aus dem Nahen Osten stammenden Dynastie lag.

Im Thronsaal-Vorhof dieses Palasts stießen die Archäologen auf zwölf rechte Hände, die in drei Gruben vergraben worden waren. Die Hände waren am Gelenk abgetrennt und lagen mit weit gespreizten Fingern und meist mit der Handfläche nach unten in der Erde. Nähere Untersuchungen ergaben, dass die Hände von elf männlichen und einer möglicherweise weiblichen Person im jungen Erwachsenenalter stammten. „Dies passt zu dem Szenario der zeremoniellen Handpräsentation“, erklären Gresky und ihre Kollegen. Denn besiegte Krieger waren in der Regel junge Männer.

Sauber präpariert und auf ikonische Weise begraben

Die Untersuchungen ergaben auch, dass die Hände vermutlich nach dem Tod abgetrennt worden sind. „Wir konnten zeigen, dass die Hände nach dem Tod vermutlich noch auf dem Schlachtfeld abgehakt wurden. Anschließend hat man sie sauber präpariert und von möglichen Resten des Unterarms befreit. Dies erfolgte mit größter Sorgfalt ohne Schäden an den Handknochen selbst zu verursachen“, berichtet Gresky.

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Für die rituelle Bestattung im Palast wurden die Finger der abgehackten Hände weit gespreizt. Dies sollte die Hände – und somit die besiegten Feinde – noch eindrucksvoller und größer aussehen lassen. Gleichzeitig machte dies die typische Form der Hand erkennbarer. „In dieser ikonischen Position repräsentierte jede Hand ein Individuum – pars pro toto“, erklären die Archäologen. Das Vergraben der Hände im Vorhof des Thronsaals deutet darauf hin, dass dies öffentlich und im Rahmen der Zeremonie geschah.

Erster direkter Beleg für vielbebilderte Praxis

„Damit liefern diese Funde und Ergebnisse den ersten direkten bioarchäologischen Beleg für die ‚Gold der Ehre‘-Zeremonie vor dem Palast des Königs“, konstatieren Gresky und ihr Team. Die Handfunde helfen dabei, das genaue Prozedere bei dieser altägyptischen Machtdemonstration zu rekonstruieren, und es bestätigt gleichzeitig, dass die Abbildungen in den Gräbern und an Tempelwänden einer realen Praxis entsprachen.

Für die besiegten Feinde war die postume Verstümmelung besonders demütigend und folgenschwer: Im Glauben des alten Ägypten war die körperliche Unversehrtheit beim Tod wichtig, weil dies ein gutes Leben im Jenseits garantierte. Unter anderem deshalb wurden die Körper hochrangiger Tote durch das Einbalsamieren möglichst gut konserviert. „Die Verstümmelung des Opfers fügte diesem Akt der Dominanz eine tiefere Dimension hinzu“, so die Archäologen. (Scientific Reports, 2023; doi: 10.1038/s41598-023-32165-8)

Quelle: Deutsches Archäologisches Institut

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