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Evolution

Ist der Megalodon wirklich ausgestorben?

Zwischen Verschwörungstheorie und Blockbuster

Baumstamm
Wie die Jahresringe eines Baums verraten die Wachstumsringe in Meggies Wirbeln, wie alt der Hai geworden ist. © Arnoldius/CC-by-sa 2.5

Nachdem unsere Hai-Dame „Meggie“ 46 Jahre lang die Ozeane ihrer Zeit durchstreift, allerhand große Beutetiere erlegt und vielleicht sogar eigene Junge zur Welt gebracht hat, enden die Wachstumsringe in ihren Wirbeln abrupt. Wieso genau der Hai im Alter von 46 Jahren starb, ist nicht bekannt. Altersschwäche war es allerdings nicht, denn Shimada und seinem Team zufolge hätte Meggie theoretisch bis zu 88 oder sogar 100 Jahre alt werden können.

Das Ende einer Dynastie

Zum Zeitpunkt von Meggies Tod vor 18 Millionen Jahren befand sich die Dynastie ihrer Spezies noch ziemlich am Anfang. Die Herrschaft des Megalodon endete erst einige Zeit später, nämlich vor 3,6 Millionen Jahren, wie eine Untersuchung von Robert Boessenecker und seinen Kollegen vom College of Charleston im Jahr 2019 ergeben hat.

Frühere Schätzungen hatten das Aussterben des riesigen Urzeit-Hais auf die Zeit vor 2,6 Millionen Jahren verortet, doch Boesseneckers Team zufolge waren dabei einige Fossilien falsch datiert worden. Dass der Megalodon eine Million Jahre früher ausstarb als gedacht, ist tatsächlich nicht so banal, wie es klingt. Denn nur wenn wir genau wissen, wann die letzten dieser Urzeit-Riesen durch die Meere schwammen, können wir auch herausfinden, was genau ihre Herrschaft einst beendete.

Massenaussterben ausgeschlossen

Bislang ging man davon aus, dass der Megalodon in der Folge eines Massenaussterbens vor rund zwei Millionen Jahren zugrunde ging. Kühlere Temperaturen und sinkende Meeresspiegel sorgten damals dafür, dass die Hälfte aller Meeressäuger und mehr als 40 Prozent aller Meeresschildkröten starben. Beutemangel und veränderter Lebensraum hätten somit dazu geführt, dass auch der Megalodon für immer verschwand.

Doch Boesseneckers Erkenntnissen zufolge hätte es die Riesenhaie zum Zeitpunkt des Massenaussterbens ohnehin schon seit einer Million Jahren nicht mehr geben dürfen. Was also sorgte stattdessen für ihren Untergang? Paläontologen gehen davon aus, dass sich auch schon vor 3,6 Millionen Jahren ähnliche Klimaveränderungen wie zu Zeiten des Massenaussterbens vollzogen. Das Wasser wurde kühler, das Verbreitungsgebiet des Megalodon war zunehmend fragmentiert und die Zahl seiner Beutetiere ging zurück.

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Doch das allein hätte noch nicht gereicht, um den größten Hai aller Zeiten in die Knie zu zwingen. Den endgültigen Todesstoß brachte stattdessen ein anderer Faktor. Und zwar die zunehmende Konkurrenz mit dem heutigen Herrscher der Meere: dem Weißen Hai.

Weißer Hai
Die zunehmende Konkurrenz zum Weißen Hai besiegelte vor 3,6 Millionen Jahren das Schicksal des Megalodon. © Pterantula/CC-by-sa 3.0

Weißer Hai besiegelte Untergang

Weiße Haie tauchten erstmals vor etwa sechs Millionen Jahren in den Ozeanen auf, kamen aber zunächst nur im Pazifik vor. Vor vier Millionen Jahren hingegen waren die Räuber Fossilienfunden zufolge bereits weltweit verbreitet – offenbar zum Leidwesen des Megalodon. „Wir vermuten, dass diese kurze Überlappung (vor 3,6 bis vier Millionen Jahren) ausreichte, damit sich der Weiße Hai weltweit ausbreiten und den O. megalodon in seinem gesamten Verbreitungsgebiet verdrängen konnte, was ihn zum Aussterben brachte“, erklärt Boessenecker.

Doch wie gelang es dem dreimal kleineren Räuber, den Herrscher der Meere zu stürzen? Ganz einfach: Er fraß ihm das Futter weg, wie Forschende um Jeremy McCormack vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig herausgefunden haben. Als sie die chemische Signatur in versteinerten Zähnen beider Raubtiere analysierten, bemerkten sie in beiden Fällen eine auffallend niedrige Menge an Zink-66-Isotopen. Der Zink-66-Anteil verrät, an welcher Stelle ein Tier in der Nahrungskette steht. Je niedriger der Wert, desto höher die Position.

Im Falle von Megalodon und Weißem Hai bedeutet das, dass beide an der Spitze der Nahrungskette standen und sich zumindest teilweise von derselben Beute ernährten, wie McCormack und sein Team erklären. Wahrscheinlich jagten beide unter anderem große Wale. Doch vor fünf Millionen Jahren wendete sich das Blatt. Ab dann stieg der Zink-66-Anteil in Megalodon-Zähnen, beim Weißen Hai jedoch nicht. Er hatte seinen riesigen Cousin also von der Spitze der Nahrungskette verdrängt. Für den Megalodon blieb dadurch weniger Nahrung übrig – zu wenig, um seinen großen Energiebedarf zu decken. Er starb aus.

Könnten einzelne Tiere bis heute überlebt haben?

Doch nicht jeder glaubt an diese Version der Geschichte. Einige Menschen sind stattdessen fest davon überzeugt, dass irgendwo in den Weltmeeren einzelne Megalodon-Haie überlebt haben müssen. Als Beweise ziehen sie angebliche Sichtungen und zerbissene Walkadaver heran. Wäre es tatsächlich möglich, dass der Megalodon irgendwo in der Tiefsee überlebt hat?

„Nein. Er lebt definitiv nicht in den Tiefen der Ozeane“, dementiert Emma Bernard vom Londoner Naturkundemuseum. „Wenn ein so großes Tier wie der Megalodon noch in den Ozeanen leben würde, wüssten wir davon.“ Wir würden zum Beispiel Zehntausende „neue“ Megalodon-Zähne am Meeresboden finden und verräterische Bisspuren an großen Walen bemerken. Die bisher als vermeintliche Beweise gelieferten Bisse an Walkadavern stammen aber wahrscheinlich eher von anderen Räubern oder von Kollisionen mit Schiffen.

Immer wieder kursieren im Internet vermeintliche Beweise für das Überleben des Megalodon. © Immer Wissen

Auferstanden auf der Leinwand

Doch die leidenschaftliche Begeisterung für den Megalodon und der Wunsch, ihn lebend zu sehen, sind nur allzu verständlich. Mehr sogar: Sie sind offenbar typisch menschlich. Denn bereits unsere steinzeitlichen Vorfahren waren anscheinend sehr angetan von dem Urzeit-Riesen. Zumindest nutzten sie hin und wieder seine angespülten oder im Landesinneren gefundenen Zähne als Speerspitzen. In den Tempeln der Mayastadt Palenque haben Archäologen die ikonischen Zähne sogar als Opfergaben geborgen.

In der Moderne hat sich die Leidenschaft für den Megalodon hingegen auf die Filmleinwand verlagert. 2018 erschien die Verfilmung des Abenteuerromans „Meg – Die Angst aus der Tiefe“ und lockte zahlreiche Zuschauer in die Kinos. Zwar ist die Story, dass ein mit 23 Metern Länge völlig überdimensionierter „Meg“ in der Tiefe des Mariannengrabens überlebt hat und nun alles frisst, was ihm in die Quere kommt, wissenschaftlich nicht tragbar, aber spannend ist sie allemal.

Auch der zweite Teil von „Meg“ ist nicht unbedingt wissenschaftlich fundiert. © KinoCheck

Anfang August 2023 ist die Fortsetzung „Meg 2: Die Tiefe“ in den Kinos gestartet. Dem Trailer nach zu urteilen, ist auch diese nicht unbedingt wissenschaftlich korrekt. Unter anderem sieht man darin, wie ein Megalodon an den Strand springt und einen riesigen Raubsaurier angreift – obwohl die beiden gar nicht zeitgleich lebten. Aber ein bisschen Übertreibung gehört in Hollywood wohl einfach dazu.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Megalodon – König der Meere
Auf Spurensuche im Reich des Urzeit-Hais

Jeder fängt mal klein an
Die ungewöhnliche Kindheit des Megalodon

Ein Spitzenprädator im XXL-Format
Auge in Auge mit dem größten Hai aller Zeiten

Das Geheimnis des Riesenwuchses
Megalodon als Weltenbummler

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