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Umwelt

Fragwürdige Massenchemikalie

Der Zusatzstoff Bisphenol A

Ähnlich wie die Phthalate hat auch die synthetische Chemikalie Bisphenol A (BPA, 4,4´-Isopropylidendiphenol) in den vergangenen Jahren dadurch negative Schlagzeilen gemacht, dass sie in sehr vielen alltäglichen Plastikprodukten enthalten und gesundheitsschädlich ist. Im Gegensatz zu den Phthalaten ist BPA allerdings kein industrieller Weichmacher von Kunststoffen, sondern wird lediglich als deren Antioxidationsmittel eingesetzt. Es handelt sich also um einen Zusatzstoff (Additiv), unter anderem für Weichmacher.

Vor allem ist BPA jedoch der Grundbaustein des robusten polymeren Kunststoffs Polycarbonat und von polymeren Epoxidharzen.

Tassen und Teller aus Plastik
Bisphenol A kommt in vielen Kunststoffprodukten des täglichen Gebrauchs vor, etwa in Camping- und Mikrowellengeschirr. © sodapix / iStock

In welchen Produkten kommt BPA vor?

Wie die Weichmacher begegnet uns auch Bisphenol A im Alltag: Es kommt in vielen Kunststoffprodukten des täglichen Gebrauchs vor, etwa in beschichteten Lebensmittelverpackungen oder in Plastikschüsseln, Camping- und Mikrowellengeschirr, CDs und DVDs, Mobiltelefonen sowie Kofferhüllen, die aus Polycarbonat bestehen. Auch in Epoxidharzen ist BPA ein wichtiger Bestandteil, um Korrosion zu verhindern. Diese finden sich zum Beispiel in einigen Lacken, Klebern und Innenbeschichtung von Getränke- und Konservendosen.

Zudem wird BPA der Bremsflüssigkeit von Fahrzeugen zugesetzt, wo es als Stabilisator und Antioxidationsmittel dient. Bis Ende 2019 wurde es auch als Entwicklersubstanz zur Beschichtung von Thermopapier verwendet.

Wie gelangt BPA in unseren Körper?

In Epoxidharz und Polycarbonat ist BPA eigentlich chemisch fest eingebaut und gebunden. Dennoch kann es sich unter bestimmten Umständen aus den Produkten herauslösen. Das geschieht etwa beim Erhitzen, bei Kontakt mit Fetten oder Wasser, wenn die Kunststoffe nicht sorgfältig produziert wurden oder sich mit der Zeit zersetzen. Wenn das Bisphenol A nicht als Polymerbaustein, sondern als Zusatzstoff verwendet wird, ist es hingegen nicht chemisch gebunden, sondern nur untergemischt. Dadurch kann es aus diesen Materialien noch leichter austreten und in die Umwelt gelangen.

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Wir Menschen nehmen Bisphenol A vor allem über Lebensmittel, zu einem sehr geringen Anteil auch über das Trinkwasser in unseren Körper auf. Besonders Konserven sind oft belastet: In einer Stichprobe des BUND aus dem Jahr 2017 enthielten 54 Prozent der untersuchten Lebensmittel in Konserven gesundheitsschädliche Konzentrationen an BPA. Selbst Biolebensmittel sind durch ihre Verpackung und Verarbeitung nicht frei von BPA.

Ist der Konsum von BPA-haltigen Lebensmitteln gefährlich?

Durch die Nahrung ist beinahe jeder Mensch mit der Chemikalie belastet, wie sich im Urin nachweisen lässt: Bei einem Test der Europäischen Umweltagentur im Jahr 2023 in elf europäischen Ländern wurde bei 92 Prozent der Teilnehmenden BPA im Urin nachgewiesen. Wird das BPA also von unserem Körper ohne weitere Folgen wieder ausgeschieden und ist damit unbedenklich? Oder macht es uns auch krank?

Ob und inwieweit Bisphenol A unsere Gesundheit und die von anderen Lebewesen beeinträchtigt, wird seit Jahren wissenschaftlich diskutiert und ist bislang nicht abschließend geklärt. Beim Konsum von BPA-belasteten Lebensmitteln wie Konserven sind demnach zwar keine akuten Gesundheitsschäden zu befürchten. „Mit dem häufigen Konsum von konservierten Lebensmitteln steigt jedoch das Gesundheitsrisiko“, warnt der BUND.

Umweltgefahren durch BPA

Aus Zell- und Tierversuchen bekannt ist, dass BPA wie auch die Weichmacher im Körper als sogenannter endokriner Disruptor wirkt und schon in kleinen Mengen das Hormonsystem stören kann. Die Chemikalie hat eine ähnliche Wirkung wie das natürliche weibliche Sexualhormon Östrogen. Tatsächlich war BPA ursprünglich als dessen Ersatzarzneimittel entwickelt, dann jedoch stattdessen als Industriechemikalie eingesetzt worden.

In der Umwelt hat dies bei Fisch- und Amphibienarten nachweislich hormonell vermittelte Schäden zur Folge. „Nachteilige Effekte auf Wachstum, Verhalten und Befruchtungserfolg sowie eine Verschiebung des Geschlechterverhältnisses zugunsten weiblicher Tiere können auftreten“, schreibt das Umweltbundesamt.

Grafik eines Wissenschaftlers, der an Bisphenol A forscht
Bisphenol A kann den Hormonhaushalt verändern, mit vielfältigen Gesundheitsfolgen, zeigen Studien. © BRO Vector / Getty Images

Hinweise auf Krankheitsrisiken durch BPA

Auch bei uns Menschen kann Bisphenol A den Hormonhaushalt verändern und dadurch vor allem bei Kindern wahrscheinlich große Schäden anrichten, wie Studien nahelegen. Es wird ein Zusammenhang vermutet mit einer gestörten Geschlechtsentwicklung, Frühreife, einer reduzierten Spermienzahl und Zeugungsunfähigkeit. Möglicherweise führt BPA auch zu Verhaltensstörungen.

Zudem kann Bisphenol A wahrscheinlich Leber, Niere und Brustdrüse schädigen. „Beim Menschen gilt BPA unter anderem als Mitverursacher von Kreislauferkrankungen, Diabetes, Übergewicht, Störungen des Immunsystems sowie Brust- und Hodenkrebs“, berichtet der BUND. Außerdem legen Studien eine Störung der inneren Uhr und des Zahnschmelzes durch BPA nahe.

Trotz dieser breiten Palette an Hinweisen auf mögliche Gesundheitsschäden, ist der Einsatz von BPA bislang nur teilweise verboten. „Denn trotz der Fülle an Studien bleiben Fragen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von BPA, etwa ab welcher Expositionshöhe und -dauer diese auftreten“, heißt es in einer Zusammenfassung der EU-Initiative HBM4EU.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Gesundheitsgefahr Weichmacher?
Allgegenwärtige Chemikalien mit Langzeitrisiken

Was sind Weichmacher?
Wofür Phthalate und Co eingesetzt werden

Aus dem Plastik in die Natur
Wie Weichmacher in die Umwelt gelangen

Gefahr für die Gesundheit
Was Weichmacher in unserem Körper bewirken

Fragwürdige Massenchemikalie
Der Zusatzstoff Bisphenol A

Zwischen Gesetzen und Verboten
Welche Regeln für Weichmacher und Bisphenol A gelten

Alternativen für Umweltchemikalien
Wodurch Phthalate und Bisphenol A ersetzt werden sollen

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Umweltgifte - Neue Gefahr für die Gesundheit des Menschen?