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Technik

Daten sammeln für innovative Fußgängermodelle mit KI

Forschungszentrum Jülich

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und der Universität Wuppertal sind aktuell auf dem Lichterfest in Lyon aktiv, um neue Daten für die Fußgängerforschung zu sammeln. Das Fête des Lumières, das gestern startete, zieht jedes Jahr rund 2 Millionen Menschen in die französische Großstadt. Die Forschenden zeichnen dort auf, wie sich Besucherströme durch die überfüllten Gassen drängen. Die Auswertung soll dazu beitragen, die Dynamik von dichten Menschenmengen mithilfe von innovativen Modellen mit künstlicher Intelligenz (KI) besser vorhersagen und verstehen zu können.

„Die allergrößte Herausforderung bei dieser Fallstudie sind die Lichtverhältnisse“, erklärt Dr. Mohcine Chraibi vom Forschungszentrum Jülich. „Es ist Nacht und überall laufen Lichtinstallationen“, so Chraibi. An verschiedenen Orten will er gemeinsam mit Projektpartnern der französischen Universitäten in Lyon und Toulouse filmen, wie sich die Besucherströme in komplexen kollektiven Bewegungen durch die überfüllten Straßen zwängen. Dabei kommt es beispielsweise zu Stop-and-Go-Wellen, so erwarten die Forscher, ähnlich wie man sie auch von Fahrzeugstaus her kennt.

„Das Hauptgeschehen findet auf dem Place de Terreaux statt, wo Menschen im 15-Minuten-Takt reingelassen werden. Nach der Show werden sie wieder rausgelassen und der Platz erneut mit Menschen befüllt“, berichtet der Physiker des Forschungszentrums Jülich. „Diese Taktung ist aus unserer Sicht sehr interessant. Denn so können wir beobachten, was passiert, wenn große Menschenmengen kontrolliert bewegt werden.“

Für die Aufzeichnung nutzen die Forschenden die Überwachungskameras der Stadt. Zusätzliche Geräte haben sie auf den Balkonen zuvor festgelegter Wohnungen installiert, die einen optimalen Blick auf das Geschehen bieten. Die Arbeiten sind Teil des MADRAS-Projekts, Mohcine Chraibi ist einer der beiden Koordinatoren des Projekts.

Das Vorhaben zielt darauf ab, die Bewegungen von dichten Menschenmengen mithilfe von innovativen Modellen besser vorhersagen und verstehen zu können. Die Modelle werden dann angewendet, um die Besucherströme bei einer Massenveranstaltung, der Fête des Lumières, zu simulieren und mit den empirisch gesammelten Daten abgleichen zu können.

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Mehrere Unglücke haben in den letzten Jahren gezeigt, welches Risikopotenzial besteht, wenn viele Menschen dicht gedrängt auf engem Raum zusammenkommen; zuletzt vor gut einem Monat bei Halloween-Feiern in einem Ausgehviertel der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, bei denen mindestens 149 Menschen starben.

Hintergrund: Innovative Fußgängermodelle mit KI

Für eine vorausschauende Planung von Großveranstaltungen und Versammlungsorten sind verlässliche Modelle erforderlich, um die Bewegungen von Fußgänger:innen und Besucher:innen wirklichkeitsgetreu zu berechnen. Doch die aktuellen Modelle weisen noch einige gravierende Mängel auf, insbesondere dann, wenn sich viele Personen auf engem Raum bewegen. Das Projekt MADRAS zielt in diesem Zusammenhang darauf ab, innovative agentenbasierte Modelle mit künstlicher Intelligenz, kurz: KI, zu entwickeln.

Derartige Modelle sehen viele kleine Einheiten, genannt Agenten, vor, die verschiedene Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten besitzen und deren Verhalten durch neuronale Netze gesteuert wird. Der Ansatz wurde jüngst bereits erfolgreich bei geringen und mittleren Personendichten eingesetzt. Die Forschenden hoffen nun, mit den Aufnahmen von der Fête des Lumières genug Material zu erhalten, um die zu neuronalen Netze für enge Drängel-Situationen bei hohen Personendichten trainieren zu können.

Die Aufzeichnung der Videos erfolgt unter strikter Wahrung der Privatsphäre und des Schutzes persönlicher Daten der gefilmten Besucher:innen. Die Videos werden anonymisiert verarbeitet, ohne dass die gefilmten Personen nach irgendwelchen Kriterien unterschieden werden. Alle Daten zur Fußgängerdynamik wie auch die eingesetzten Modelle und Simulationssoftware werden nach Abschluss des Projekts öffentlich zugänglich sein.

Quelle: Forschungszentrum Jülich

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