Für die Entwicklung von Verfahren zur zerstörungsfreien Erkundung der Erdkruste sowie die Erforschung neuer Antikrebsmittel haben Michael Commer und Dr. Oliver Daumke den Klaus-Liebrecht-Preis 2004 der Universität Köln erhalten.
Leitfähigkeit der oberen Erdkruste untersucht
Ausgezeichnet wurde Michael Commer für seine Doktorarbeit mit dem Titel: „Three-dimensional inversion for transient-electromagnetic data: A comparative study“. Darin entwickelte Commer zwei neue Methoden zur dreidimensionalen Inversion von LOTEM-Daten. LOTEM (long-offset transient electromagnetics) ist eine Methode der angewandten Geophysik und eignet sich zur Erkundung der elektrischen Leitfähigkeit der oberen Erdkruste bis zu einer Tiefe von zehn Kilometern.
Anwendungsgebiete dieser Methode sind unter anderem Kohlenwasserstoffprospektion, Vulkanerkundung und Geothermische Prospektion. Beide Methoden rekonstruieren die dreidimensionale Leitfähigkeitsstruktur des Untergrundes. In dem ersten Ansatz werden kleinskalige Inversionsprobleme gelöst, wobei Vorinformation über die Untergrundstruktur die wesentliche Voraussetzung bilden, um die Strukturen des Untergrundes feiner aufzulösen. Die zweite neu entwickelte Methode ist zur Lösung großskaliger Inversionsprobleme geeignet, die durch komplizierte Modelle mit großer Parameterzahl entstehen. Der Algorithmus verwendet das Verfahren der konjugierten Gradienten zur Minimierung eines Fehlerfunktionals. Dieses Verfahren wurde in der Doktorarbeit auf einen synthetischen Datensatz angewandt. Dabei handelte es sich um die Lösung eines Inversionsproblems mit mehr als 376.000 Unbekannten.
Commer hat mit zwei umfangreichen Messkampagnen die LOTEM-Methode auf die Erkundung des Vulkans Merapi in Indonesien angewandt. Dabei konnte er mit Erfolg seinen Interpretationsalgorithmus an seinen Felddaten testen und Leitfähigkeitsmodelle für den Vulkan Merapi ableiten. Die Interpretation seiner Inversionsergebnisse hat wesentlich zum Wissen über die Verteilung der Leitfähigkeit am Merapi beigetragen. Die in der Doktorarbeit neu entwickelten Inversionsverfahren werden bei zukünftigen Anwendungen der LOTEM-Methode zur zerstörungsfreien Erkundung der Erdkruste zum Einsatz kommen.
Untersuchungen zum Rap1-Protein
Ebenfalls ausgezeichnet wurde Oliver Daumke für seine Doktorarbeit mit dem Titel „Structural and functional analysis of the GTPase Activating Protein of the small guanine nucleotide binding protein Rap1“. Er hat sich in seiner Dissertation mit der strukturellen und biochemischen Analyse des Rap1 Katalysemechanismus beschäftigt.
Das Rap1-Protein gehört zu der großen Familie der Guanin-Nukleotid-bindenden Proteine (G-Proteine). G-Proteine sind molekulare Schalter, die an einer Vielzahl regulatorischer Prozesse in der Zelle beteiligt sind, wie z.B. Proteinsynthese, vesikulärer Transport oder Zellproliferation und Differenzierung. Sie können zwei Zustände einnehmen: einen aktiven in der GTP-gebundenen Konformation oder einen inaktiven in der GDP- gebundenen Konformation, die durch Hydrolyse von GTP entsteht. Die Geschwindigkeit der Hydrolyse ist für das Überleben der Zelle essentiell und genau vorgegeben.
An der Einstellung der Hydrolyse-Geschwindigkeit sind die so genannten GTPase-Aktivierenden Proteine (GAPs) beteiligt. Der biochemische und strukturelle Mechanismus kleiner G-Proteine ist aus den Untersuchungen des Ras-Proteins detailliert bekannt. Für die Katalyse benötigt Ras, wie auch andere Mitglieder der Ras-Familie, im Katalysezentrum einen Glutaminrest, über den das zur Hydrolyse benötigte Wassermolekül gebunden ist.
Zusätzlich muss ein Argininrest von GAP bereitgestellt werden. Dieser Argininrest ragt wie ein Finger in das aktive Zentrum von Ras, wenn Ras mit dem zugehörigen GAP einen Komplex bildet. Der Glutaminrest ist für Ras so essentiell, dass jeder Aminosäureaustausch in dieser Position Ras zu einem Onkogen macht.
Der von Dr. Daumke aufgeklärte Katalysemechanismus des Ras-verwandten Proteins Rap1 hat zu überraschenden Ergebnissen geführt. Nicht nur, dass Rap1 den katalytisch essentiellen Glutaminrest nicht besitzt, sondern dem zugehörigen GAP (Rap1GAP) fehlt auch der „Arginin-Finger“.
Offensichtlich hat dieses G-Protein einen anderen Mechanismus der GTP-Hydrolyse entwickelt. Dieser konnte durch das beispielhafte Zusammenführen von Strukturaufklärung mit biochemischer und molekularbiologischer Analyse aufgeklärt werden. An die Stelle des im Rap1 fehlenden, essentiellen Glutaminrestes tritt ein Asparaginrest, der aber von Rap1GAP zur Verfügung gestellt wird. Das Zusammenspiel der beiden Proteine bei der Katalyse von GTP könnte einen Lösungsweg aufzeigen, wie gegen onkogene Ras-Mutanten neuartige Antikrebsmittel entwickelt werden könnten.
(idw – Universität zu Köln, 17.12.2004 – DLO)