Parkinson-Patienten leben jahrelang mit ihrer Krankheit ohne dass es zu den typischen Symptomen wie Bewegungsverlangsamung oder Zittern kommt. Forscher der Neurologischen Universitätskliniken in Kiel, Lübeck und Hamburg-Eppendorf haben jetzt neue Indizien dafür gefunden, wie sich das Gehirn gegen das Auftreten eines Parkinsonsyndroms wehrt.
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Im Rahmen ihrer Untersuchung erfassten die Wissenschaftler mithilfe eines modernen Schnittbildverfahrens, der so genannten funktionellen Magnetresonanztomographie, die Gehirnaktivierung bei bestimmten Fingerbewegungen. Dabei verglichen sie gesunde Probanden mit denjenigen, die eine Mutation in einem bestimmten Gen, dem Parkin-Gen aufwiesen. Diese Personen haben ein erhöhtes genetisches Risiko, im Laufe ihres Lebens an Parkinson zu erkranken.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen, so die Wissenschaftler in der Forschungszeitschrift „Brain“, dass bestimmte Fingerbewegungen von beiden Gruppen gleich gut ausgeführt werden konnten. Allerdings konnten die Forscher bei den Risiko-Probanden eine Überaktivierung im motorischen System des Gehirns feststellen. Diese Überaktivierung belegt eine vermehrte „Anstrengung“ einzelner Komponenten des motorischen Systems, um die zugrunde liegende noch verborgene Funktionsstörung zu überwinden.
Diese Ergebnisse unterstreichen nach Aussage der Forscher eindrucksvoll die Fähigkeit des Gehirns, solche Funktionsstörungen zu kompensieren. Ein besseres Verständnis dieser Mechanismen ist daher eine wichtige Grundlage für Therapieansätze, die den Ausbruch der Parkinson’schen Erkrankung verzögern sollen.
Untergang von Nervenzellen im Mittelhirn
Die Parkinson’sche Erkrankung entsteht durch einen allmählich fortschreitenden Untergang von Nervenzellen im Mittelhirn, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Das Absterben dieser Nervenzellen beeinträchtigt die Informationsverarbeitung bei der Steuerung von Bewegungen. Schreitet der Untergang dieser dopaminhaltigen Nervenzellen fort, kann die Funktionsstörung nicht mehr kompensiert werden. Die Patienten entwickeln ein Parkinsonsyndrom mit einer deutlichen Bewegungsverlangsamung, Steifigkeit oder Zittern.
Das Gehirn besitzt jedoch ein beträchtliches Potential, diese Funktionsstörung und so den Ausbruch der Erkrankung zu verhindern. So dauert es mehrere Jahre, bis es zu einem fassbaren Funktionsverlust kommt. Erst wenn 70 bis 80 Prozent der dopaminergen Nervenendigungen in den Basalganglien abgestorben sind, entwickeln sich ein Parkinsonsyndrom. Wie es das menschliche Gehirn schafft, trotz der Nervenzelluntergangs über Jahre eine normale Funktion aufrecht zu erhalten, ist bislang noch völlig unklar.
(idw – Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, 22.11.2005 – DLO)