Anzeige
Technik

Stresstester für Straßen

Riesensimulator untersucht Beläge und ermittelt Zeitpunkt für Sanierungsarbeiten

Erster Test in Afrika: Der Simulator soll demonstrieren, wie effektiv er Strassen zerstören kann. © Empa

Er ist zwölf Meter lang, drei Meter hoch und soll ab jetzt den Schweizer Straßen so richtig „einheizen“: der neue Riesensimulator, der jetzt an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa getestet wird. Die Maschine setzt Straßen starkem Stress aus, so dass ihre Beläge in Windeseile altern und verschleißen. Ziel ist es unter anderem den richtigen Zeitpunkt für fällige Sanierungsarbeiten zu ermitteln.

Die Maschine namens „MLS10“ simuliert mit Hilfe von vier Lasträdern, die auf einer Schiene rund um die Uhr über den Asphalt rollen, 6.000 Überfahrten pro Stunde. „Eine Straßenabnutzung, wie sie an einer stark befahrenen Straße wie der Zürcher Rosengartenstraße innerhalb eines Jahres passiert, schafft unsere Maschine in etwa zwei Wochen“, erklärt Empa-Forscher Manfred Partl. Das ist der ultimative Stresstest.

„Diese Maschine ist weltweit ein Unikat – und wir haben ihren Bau initiiert“, so Partl weiter. Er leitet die Abteilung für Straßenbau/Abdichtungen, die unter anderem widerstandsfähige, dauerhafte und lärmarme Straßenbeläge erforscht, entwickelt und testet. Schließlich soll eine Straße mindestens dreißig Jahre halten, ohne als Dauerbaustelle lästige Staus zu verursachen.

Vor allem der Wechsel von Hitze und Frost setzt einer Trasse zu. Sind die Temperaturunterschiede extrem und fallen die Temperaturen weit unter den Gefrierpunkt, zieht sich der Asphalt zusammen und reißt. Auf viel befahrenen Strecken drohen zudem gefährliche Spurrinnen, die bei Regen zu Aquaplaning und Unfällen führen können.

Von der Idee zur mobilen Großanlage

Die Idee, eine Großversuchsanlage zur beschleunigten Verkehrslastsimulation zu beschaffen, entstand im Jahr 2004. Der neue Simulator sollte die alte Asphalt-Testanlage der ETH auf dem Empa-Gelände ersetzen. Ein wichtiger Anspruch an die neue Anlage: Sie sollte mobil sein und so den Straßencheck vor Ort ermöglichen. Waren bislang gewissermaßen die Straßen zur Empa gekommen – die Forscher untersuchten aus Straßen herausgeschnittene Stücke, um den Sanierungsbedarf zu ermitteln -, lassen sich nun mit dem neuen mobilen Simulator ganze Straßen im Schnellverfahren testen.

Anzeige

Praxistest auf Schweizer Autobahn

„Nun hoffen wir, dass er unsere guten Schweizer Straßen tüchtig martert“, sagt Partl. Der Straßenabschnitt, auf dem die Maschine ab September eine Dauerbefahrung simulieren wird, befindet sich auf einer Verlängerung der Oberlandautobahn in Höhe Hinwil. „Der Verkehr wird durch die Versuche nicht beeinträchtigt“, so Partl weiter. Nach zwei Wochen soll das Ausmaß der Zerstörung erstmals ausgewertet werden. Wie lange der Simulator in Hinwil zu tun haben wird, hängt davon ab, wie lange er braucht, um das Stück Straße zu zerstören. Maximal zwei Monate, glaubt Partl, wird es dauern.

Der mobile Verkehrslastsimulator "MLS10" aus Südafrika wird an der Empa abgeladen. © Empa

Erfüllt der Riesensimulator in der Probephase die Anforderungen, ist er so gut wie gekauft und wird dann gemeinsam von der Empa und dem Institut für Geotechnik der ETH Zürich betrieben. Mit einem durchaus anspruchsvollen Aufgabenportfolio: Das Gerät soll zum einen bestehende Straßenbeläge überprüfen. Schließlich sind die Straßen das längste Bauwerk der Schweiz. Allein für die 1.600 Kilometer Nationalstraßen fallen jährlich etwa drei Milliarden Franken für Reparatur- und Erhaltungskosten an. „Der Simulator hilft uns, die Restlebensdauer des Asphalts zu ermitteln“, so Partl. Daraus lässt sich dann der optimale Zeitpunkt für eine Sanierung ableiten, so dass eine Straße über mehrere Jahre weiterhin glatt und rissfrei bleibt. Ein enormes Sparpotenzial.

Erforschung neuer Baustoffe und Beläge

Außerdem soll mit Hilfe des Simulators die Erforschung neuer Baustoffe und Beläge Aufschwung erhalten. Offenporiger Asphalt zum Beispiel, im Volksmund als Flüsterasphalt bekannt, besitzt viele Vorteile gegenüber herkömmlichem Asphalt. Er ist weniger lärmig beim Überfahren und Regen saugt er auf wie ein Löschblatt. Allerdings befürchten Experten, aufgrund bisheriger Erfahrungen, dass er mechanisch weniger widerstandsfähig und dauerhaft ist als klassischer Asphaltbeton.

Mit Hilfe der Großanlage lassen sich zudem weitere leistungsfähige Straßenbeläge – beispielsweise armierte oder wiederverwendete Altbeläge – unter realen Verkehrs- und Klimabedingungen entwickeln und evaluieren. Der Dino, wie ihn Partl nennt „schafft die Möglichkeit, rasch und kostengünstig mit neuen Straßenbelägen auf veränderte Verkehrs-, Klima- und Umweltanforderungen zu reagieren. Mit unserem bisherigen Minisimulator war das nur sehr beschränkt möglich.“

(idw – Empa – Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, 24.08.2007 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Bändereisenerz

Ur-Magnetfeld ohne festen Erdkern?

Krebs kann auch ohne DNA-Mutation entstehen

Waffentruhe eines mittelalterlichen Flaggschiffs geöffnet

Neues fossiles Riesenkänguru entdeckt

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Urban 21 - Der Expertenbericht zur Zukunft der Städte von Ulrich Pfeiffer und Peter Hall

Projekt Zukunft - Die Megatrends in Wissenschaft und Technik von Hans-Jürgen Warnecke

Top-Clicks der Woche