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Biotechnologie

Bauanleitung für eine molekulare Nase

Forscher betten Geruchsrezeptoren in künstliche Membranen ein

Synthetische Membran mit integriertem Geruchsrezeptormolekül © Max-Planck-Institut für Polymerforschung

Eine künstliche Nase wäre manchmal eine große Hilfe: Denn solch ein Biosensor könnte Gifte, Sprengstoff oder Drogen erschnuppern. Nun haben Forscher eine Bauanleitung vorgelegt, wie sich Membranproteine, die in Zellen als Rezeptoren und damit als Biosensoren fungieren, in künstliche Strukturen integrieren lassen. Den Wissenschaftlern gelang es bereits, solche Membranproteine direkt in künstliche Lipidmembranen einzubetten.

Die Sinne der Lebewesen arbeiten mit verschiedenen Mechanismen: Unter anderem nutzen sie Membranproteine als Rezeptoren. Nun haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung und des Max-Planck-Instituts für Biochemie Biosensoren konstruiert, indem sie solche Proteine in künstliche Strukturen eingebunden haben. Die zellfreie Proteinsynthese lieferte ihnen dabei die Membranproteine – direkt aus der genetischen Information, die dem Zellextrakt hinzugefügt wurde.

Wasserunlöslichkeit als Problem

Die bisherigen Versuche, Biosensoren aus Membranproteinen herzustellen, scheiterten an den besonderen Eigenschaften dieser Proteine. Sie sind nämlich nicht wasserlöslich. Bislang versuchten Forscher die Proteine erst einmal mit Detergentien aus ihrer Membran herauslösen. Dabei zerstören sie allerdings die besondere Faltstruktur der Proteinmembranen – und genau diese Struktur macht die spezielle Funktion der Proteine aus. "Wir stellten sehr schnell fest, wie kompliziert solche Membranproteine zu handhaben sind. Mit herkömmlichen Methoden bekamen wir – und auch andere Gruppen – sie einfach nicht in den Griff", erzählt Dr. Eva-Kathrin Sinner vom Mainzer Max-Planck-Institut für Polymerforschung.

Schematische Darstellung der zellfreien Synthese von Membranproteinen und anschließender Einbau in eine künstliche Membran. Die künstliche Membran besteht aus zwei Lipidschichten, die in ihrem Aufbau einer Zellmembran gleichen. In der (vereinfachten) Darstellung fädeln die Ribosomen aus dem zellfreien Extrakt die entstehende Aminosäurenkette direkt in die künstliche Membran ein - ganz so wie es in echten Zellen in der natürlichen Zellmembran geschieht. © Max-Planck-Institut für Polymerforschung

Geruchssensoren der Ratte als Modell

Die Max-Planck-Wissenschaftler fanden nun einen Ausweg. Sie schafften es, die Proteine in eine künstliche Matrix einzubauen und zwar so, als befände sie sich in einer natürlichen Zellmembran: Die Wissenschaftler boten den entstehenden Membranproteinen schon während ihrer Herstellung künstliche Lipidmembransysteme an, die natürlichen Zellmembranen ähnelten. Und tatsächlich lagerten sich die Membranproteine – die Forscher benutzten bei ihren Versuchen Geruchsrezeptoren der Wanderratte aus der Klasse der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren – in die künstlichen Membranen ein.

Dass die Geruchsrezeptoren auch wirklich biologisch aktiv sind, konnten die Wissenschaftler durch die Bindung von Geruchsstoffen an die Rezeptoren nachweisen. "Wir haben jetzt praktisch eine Gebrauchsanweisung, wie man bisher schwer zugängliche Membranproteine in ihrer aktiven Struktur herstellen und untersuchen kann", so Sinner.

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Das neue, von den Wissenschaftlern um Eva-Kathrin Sinner entwickelte Verfahren ermöglicht erstmals die natürlichen Funktionen solcher Membranproteine in situ zu untersuchen. Für die Pharmaforschung ist dieser Ansatz von großer Bedeutung, da so neue Wirkstoffscreenings an Rezeptoren durchgeführt werden können, die bislang noch nicht zugänglich waren. Sinner wurde für die Entwicklung dieses Verfahrens mit dem Forschungspreis 2007 zur Förderung der Biotechnologie und Gentechnik der Engelhorn-Stiftung ausgezeichnet.

(MPG, 05.02.2007 – NPO)

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