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Astronomie

Heiße Pulsar-Pole enträtselt

Wärmeenergie der Pulsare wird durch das Magnetfeld an den Polen abgestrahlt

Künstlerische Darstellung der im Röntgenlicht leuchtenden Magnetosphäre eines Millionen Jahre alten Pulsars. Der Neutronenstern selbst ist unsichtbar, da seine Oberfläche nicht mehr genügend Hitze besitzt, um Röntgenstrahlung zu emittieren. Oberhalb der beiden magnetischen Pole werden elektrisch geladene Teilchen aus der Magnetosphäre nach außen beschleunigt - und senden dabei intensive, stark gerichtete Strahlung aus, die sich mit XMM-Newton beobachten lässt. © Werner Becker / MPI für extraterrestrische Physik

Schon lange rätseln Astronomen, woher bei Pulsaren die Energie für die häufig mehrere Millionen Grad heißen Polkappen kommt. Bislang nahm man an, dass die Lösung außerhalb dieser „kosmischen Kraftwerke“ zu suchen sei. Nun haben Wissenschaftler jedoch herausgefunden, dass die Wärmestrahlung entgegen der bisherigen Annahme überwiegend aus dem Innern der Sterne stammt. Die entscheidenden Hinweise lieferte das europäische Röntgenobservatoriums XMM-Newton.

Bisher hatten die Astronomen angenommen, dass die heißen Flecken an den Polkappen jüngerer Pulsare ausschließlich durch ein Bombardement hochenergetischer, geladener Teilchen entstehen, die aus der Magnetosphäre zur Oberfläche zurückfliegen. Jüngste Beobachtungen mit XMM-Newton durch Forscher der Max-Planck-Institute für extraterrestrische Physik und für Radioastronomielassen an diesem Bild jedoch Zweifel aufkommen. So könnte die im Neutronenstern gespeicherte Wärmeenergie auch durch das starke Magnetfeld zu den Polen geleitet werden, die dadurch Temperaturen von Millionen Grad besitzen. Das ist möglich, weil die Wärmeleitung in Neutronensternen durch Elektronen geschieht. Da diese eine elektrische Ladung tragen, ist ihre Bewegungsrichtung durch die Richtung des Magnetfelds vorgegeben.

Entsprechend könnten die Millionen Grad heißen Flecken bei jüngeren Pulsaren im Wesentlichen durch die Hitze aus dem Innern des Neutronensterns entstehen, und nicht nur durch das Bombardement der zur Oberfläche zurückfliegenden hochenergetischen Teilchen. Die heißen Flecken verschwinden dann mit dem Abkühlen der Neutronensterne und sind entsprechend bei den Millionen Jahre alten Pulsaren nicht mehr zu beobachten. „Die Gültigkeit dieser Sichtweise wird zurzeit in der Fachwelt noch diskutiert, jedoch legen die neuen, mit XMM-Newton durchgeführten Beobachtungen eine solche Interpretation sehr nahe“, sagt Werner Becker, Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und Privatdozent an der Universität München.

XMM-Newton liefert Hinweise

So erlaubte der Satellit erstmals detaillierte Untersuchungen an bisher fünf, jeweils mehrere Millionen Jahre alten Pulsaren. „Kein anderes im Orbit befindliches Röntgenobservatorium besitzt zurzeit die dafür notwendige Empfindlichkeit“, erklärt Becker. Zusammen mit seinen Kollegen, unter anderem Axel Jessner vom Max-Planck Institut für Radioastronomie in Bonn, fand Becker jetzt bei den Millionen Jahre alten Pulsaren weder einen Hinweis auf Röntgenstrahlung von der gesamten Neutronensternoberfläche, noch auf heiße Polkappen – obwohl die Forscher intensive Röntgenstrahlung von geladenen Teilchen aus der Magnetosphäre registrierten.

Fehlen von Röntgenstrahlung

Das Fehlen der Röntgenstrahlung von der gesamten Sternoberfläche überraschte die Wissenschaftler nicht: In den vielen Millionen Jahren seit der Entstehung dieser Neutronensterne sind diese bereits soweit abgekühlt, dass ihre Temperatur weit unterhalb von 500.000 Grad Celsius liegt und sich ihr Glühen daher nicht mehr im Röntgenbereich beobachten lässt. Zum Erstaunen der Forscher gaben aber auch die heißen Polkappen keine Röntgenstrahlung ab. Das zeigt, dass die Heizung der Polkappen durch hochenergetische Teilchen bei alten Pulsaren nicht mehr effizient genug funktioniert. „Im Fall des drei Millionen Jahre alten Pulsars mit der Katalogbezeichnung PSR B1929+10, des Prototyps eines alten Pulsars, ist jegliche thermische Komponente in der beobachteten Röntgenstrahlung kleiner als sieben Prozent“, sagt Becker.

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Magnetisierte Überreste kollabierter Sterne

Pulsare sind schnell rotierende und stark magnetisierte Überreste kollabierter massereicher Sterne, die am Ende ihres Lebens in einer Supernova-Explosion zugrunde gehen. Dabei erreichen die Sternleichen eine so hohe Dichte – 1,4 Sonnenmassen konzentrieren sich in einem Raumbereich von nur etwa 20 Kilometer Durchmesser -, dass Elektronen in die Atomkerne dringen und dort zur Entstehung von Neutronen führen. In diesen so genannten Neutronensternen und deren Magnetosphären spielen sich sehr komplexe und bis heute nur im Ansatz verstandene Prozesse ab.

Beobachtungen mit früheren Röntgensatelliten hatten gezeigt, dass die Röntgenstrahlung der Neutronensterne aus drei verschiedenen Gebieten stammt: Zum einen glüht die gesamte, Millionen Grad heiße Oberfläche; zweitens strahlen elektrisch geladene Teilchen bei ihrer Bewegung entlang gekrümmter Magnetfeldlinien beim Verlassen der Magnetosphäre sehr intensiv; zum Dritten emittieren junge Pulsare häufig Röntgenstrahlung, die ihren Millionen Grad heißen Polkappen entspringt.

(Max-Planck Institut für Radioastronomie, 27.07.2006 – AHE)

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