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Medizin

Keine Entwarnung bei Vogelgrippe

Stallpflicht in Risikogebieten auch nach dem 15. Mai 2006

Nach wie vor werden in Deutschland fast täglich Infektionen von Wildvögeln mit dem gefährlichen Vogelgrippevirus H5N1 festgestellt. Der aktuelle Stand liegt derzeit bundesweit bei 337 befallenen Tieren. Dies teilte jetzt das nationale Referenzlabor für aviäre Influenza am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems mit.

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„Obwohl die Zahlen nicht mehr so drastisch zunehmen wie zu Anfang des Seuchengeschehens, bleibt die Lage problematisch“, so der Präsident des FLI, Professor Dr. Thomas C. Mettenleiter. Das Risiko einer Einschleppung des Geflügelpestvirus in Nutzbestände sei weiterhin als sehr hoch einzuschätzen.

Auf den Rat des FLI hat das Bundeslandwirtschaftministerium deshalb zusammen mit den Bundesländern beschlossen, die Stallpflicht auch über den bisher vorgesehenen Termin, den 15. Mai 2006, fortzusetzen. Nach der neuen Geflügelpest-Verordnung gilt der „Knast“ für Hühner, Gänse, Enten oder anderes Zuchtgeflügel dann aber nur noch in besonderen Risikogebieten. Dazu zählen die Fundorte von infizierten Wildvögeln, „geflügeldichte“ Regionen und Gebiete, wo sich viele Wildvögel sammeln, also beispielsweise Feuchtgebiete.

Eilverordnung schon ab nächster Woche in Kraft?

„Der Rat der Bundesforschungsanstalt für Tiergesundheit (FLI), die Aufstallung in Deutschland fortzuführen, ist eindeutig: Das Risiko der Verbreitung der Vogelgrippe in Deutschland ist nach wie vor hoch und wird derzeit als deutlich höher eingeschätzt, als bei der ersten Aufstallungsanordnung im Herbst letzen Jahres. Über dieses klare Votum der Wissenschaft kann sich verantwortungsvolle Politik nicht hinwegsetzen“, erklärte Bundeslandwirtschaftminister Horst Seehofer gestern in Berlin.

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In Deutschland seien im Vergleich zu andern EU-Mitgliedstaaten bislang mit Abstand die meisten infizierten Tiere gefunden worden. Von Entwarnung könne also nicht die Rede sein.

Die Eilverordnung werde spätestens Ende nächster Woche in Kraft treten. Auf der Basis von Risikobewertungen durch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) werde die Lage monatlich neu bewertet und die Stallpflicht überprüft. „Sollten sich daraus wesentliche Veränderungen ergeben, werden wir die jetzt geltenden Maßnahmen entsprechend anpassen“, sagte der Minister.

EU macht Weg für finanzielle Hilfen frei

Als Verhandlungserfolg bewertete Seehofer, dass die Europäische Kommission dem deutschen Vorschlag gefolgt sei, betroffenen Geflügelhaltern finanzielle Unterstützung zu ermöglichen, weil das Marktgleichgewicht gestört sei.

„Wir werden jetzt ein entsprechendes nationales Programm entwickeln. Dazu finden derzeit Gespräche statt“, so der Minister. Unabhängig davon bleibe es bei den Leistungen der Tierseuchenkassen im Falle eines Ausbruchs in einem Geflügelbestand.

Acht Bundesländer von H5N1 betroffen

In acht Bundesländern ist das auch für den Menschen gefährliche H5N1-Virus nach Angaben des FLI bis jetzt bei Wildvögeln aufgetreten, hauptsächlich bei Wasservögeln. Aber auch infizierte Aasfresser wie Greif- und Rabenvögel sind keine Seltenheit. In Sachsen wurde das Virus zudem erstmalig in Deutschland auch in einen Nutzgeflügelbestand direkt oder indirekt über Wildvögel eingeschleppt.

Obwohl vorher in Sachsen kein H5N1 Virus bei Wildvögeln gefunden wurde, war der Seuchenausbruch ein Hinweis auf die Anwesenheit des Erregers in den dortigen Wildvögeln. Der erste Nachweis einer H5N1 Infektion in einem Wildvogel in Sachsen folgte kurze Zeit später.

„Dies verdeutlicht die fortdauernde Dynamik im Vogelgrippe-Geschehen in der Wildvogelpopulation“, so FLI-Präsident Mettenleiter. Auch die H5N1-Nachweise bei Störchen in Brandenburg müssten hinsichtlich der Herkunft der Infektionen genauestens untersucht werden.

Im Gegensatz zur vorhandenen Bedrohung der Geflügelbestände sieht das FLI aber keine Anzeichen für eine Anpassung des H5N1 Virus an den Menschen. „Vogelgrippe ist immer noch primär eine Tierseuche“, bekräftigte Mettenleiter.

(BMELV, FLI, 05.05.2006 – DLO)

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