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Geowissen

Nordsee: Wandel hat begonnen

Ökologische Veränderungen durch biologische Globalisierung und Klimawandel festgestellt

Eingewanderte Meeresassel Idotea metallica © H.-D. Franke, Alfred-Wegener-Institut

Langzeituntersuchungen an der Biologischen Anstalt Helgoland des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung dokumentieren einen raschen ökologischen Wandel in der Nordsee. Die Wissenschaftler führen diese Änderungen vor allem auf die Einschleppung gebietsfremder Arten und den globalen Klimawandel zurück. Das haben die seit 1962 kontinuierlich fortgeführten Untersuchungen ergeben.

Mit fast lückenlosen werktäglichen Messungen physikalisch-chemischer und biologischer Parameter verfügt die Biologische Anstalt Helgoland über einen der weltweit wertvollsten marinen Langzeit-Datensätze. Mit modernen Methoden der Langzeit- Datenerhebung und in enger Kooperation mit anderen Institutionen haben die Wissenschaftler auf Helgoland einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, ökologische Veränderungen zu analysieren und damit Entscheidungshilfen für das Management mariner Ressourcen und die Umweltpolitik bereitzustellen.

Temperaturanstieg und Artenwandel

Die Daten belegen einen Anstieg der Wassertemperatur von 1,1 ºC über die letzten 40 Jahre, bei gleichzeitigem leichten Anstieg des Salzgehalts. Meereisbildung bei Helgoland, ein Phänomen das bis in die 1940er Jahre im Mittel etwa alle zehn Jahre auftrat, wurde in den letzten 60 Jahren nur ein einziges Mal beobachtet (1963). Die Nordsee weist deutliche Veränderungen in der Häufigkeit von Arten, im jahreszeitlichen Muster ihres Auftretens und im Artenspektrum auf.

Weil die eng miteinander verbundenen Glieder von Lebensgemeinschaften nicht gleichlaufend reagieren, verändert sich das Ökosystem. Erstmalig konnte für die Nordsee eine mit dem Temperaturtrend gekoppelte Veränderung von Zeitpunkt und Stärke der Kieselalgenblüte nachgewiesen werden. Kieselalgen stellen die Basis des Nahrungsnetzes im Meer dar. Weil ihr Wachstum weitgehend die Saisonalität der Lebensgemeinschaften in der Wassersäule und am Meeresboden bestimmt, erwarten die Forscher für die Zukunft eine tief greifende Änderung des gesamten Ökosystems.

„Südliche“ Arten auf dem Vormarsch

Die Helgoländer Wissenschaftler stellten fest, dass einige heimische Arten wie Hummer und Kabeljau seltener geworden sind. Manche Organismen, wie verschiedene Algen und die europäische Auster, verschwanden ganz aus dem Gebiet. Andere Arten, wie der Taschenkrebs, nahmen in ihren Beständen zu oder traten neu auf. Die große Mehrzahl der seit etwa 15 Jahren neu aufgetretenen Arten sind „südliche“ Arten aus der atlantischen Region, die durch den Temperaturanstieg jetzt auch weiter nördlich leben können. Damit sind sie gleichsam Indikatoren dieses Trends. Andere neue Arten wurden vom Menschen eingeschleppt und haben einige lokale Lebensräume und Lebensgemeinschaften bereits deutlich verändert.

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Messungen seit 1873

Schon 1873 wurde auf der Nordsee-Insel Helgoland mit den ersten regelmäßigen Messungen begonnen. Mit der Gründung der Biologischen Anstalt Helgoland 1892 wurde eine permanente Institution etabliert, die sich von Beginn an einer „Forschung mit langem Atem“ verpflichtet sah. Seit 1998 ist die Biologische Anstalt Helgoland Teil des Alfred- Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung.

Mehr als 150 Jahre Forschung auf der Nordsee-Insel Helgoland haben einen Datensatz von unschätzbarem Wert hervorgebracht, dessen Auswertung die Wissenschaft noch lange beschäftigen wird. „Regelmäßige Messungen und Beobachtungen, die Jahrzehnte überspannen, sind das wichtigste Instrument, mit dem historische Veränderungen der ökologischen Bedingungen erfasst werden können. Nur so können wir den heutigen Zustand unserer Ökosysteme bewerten und Modelle entwickeln, die begründete Aussagen über deren künftige Entwicklung erlauben“, erläutert Dr. Karen Wiltshire von der Biologischen Anstalt Helgoland.

(Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 01.02.2005 – NPO)

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