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Evolution

Theorie von „Darwins Faltern“ bestätigt

Färbung der Birkenspanner beeinflusst ihre Überlebenschancen

Weiß-dunkel gemustert oder einfarbig braun: Birkenspanner gibt es in zwei Färbungen. © Olivia Walton

Birkenspanner gelten als klassisches Beispiel für die Prinzipien der Evolution. Nun haben Forscher bestätigt, dass die Flügelfärbung dieser Schmetterlinge tatsächlich deren Überleben beeinflusst. Damit liefern sie erstmals einen experimentellen Beweis für einen schon lange postulierten Zusammenhang. Demnach war die natürliche Selektion verantwortlich dafür, dass die Falter im England der industriellen Revolution plötzlich vermehrt dunkle Flügel bekamen. Sie konnten sich so in der verschmutzten Umgebung besser vor Fressfeinden verstecken.

Birkenspanner sind das Paradebeispiel für die Evolution nach dem Prinzip der natürlichen Selektion. Die nachtaktiven Falter ruhen sich tagsüber meist am Stamm von Bäumen aus, wo sie durch ihre weiße, mit dunklen Punkten und Streifen durchzogene Färbung kaum auffallen. Sowohl auf der Rinde von Birken, aber auch auf mit hellen Flechten bewachsenen Stämmen anderer Arten bleiben sie für Fressfeinde unsichtbar. Seltene einfarbig dunkle Mutanten können sich dagegen schlechter tarnen.

Zu Beginn der industriellen Revolution hatten diese Exoten jedoch plötzlich einen Vorteil: Als in England überall Fabrikschlote aus dem Boden zu schießen begannen, setzte sich mehr und mehr Ruß auf der Rinde von Bäumen ab und durch die Luftverschmutzung verschwanden auch viele Flechten. Als Folge gerieten nun die weißen Falter ins Visier hungriger Vögel. Die dunkle Färbung setzte sich zunehmend durch – sie dominierte, bis die Luft wieder sauberer wurde.

Lehrbuchbeispiel auf dem Prüfstand

„Dieser sogenannte Industriemelanismus taucht in fast jedem Biologiebuch als Beispiel für die Mechanismen der Evolution nach Charles Darwin auf“, sagt Martin Stevens von der University of Exeter. „Überraschenderweise hat aber noch niemand in einem kontrollierten Experiment untersucht, wie stark sich die Färbung tatsächlich auf die Überlebenschancen der Birkenspanner auswirkt.“ Genau dies haben der Wissenschaftler und seine Kollegen nun nachgeholt.

Für ihre Studie testeten sie zunächst mithilfe von Computersimulationen, wie gut Vögel unterschiedlich gefärbte Birkenspanner auf der Rinde von Bäumen erkennen können. Dabei bestätigte sich: Für Vogelaugen sehen weiß-dunkel gemusterte Falter ähnlich wie mit hellen Flechten bewachsene Rinde aus. Dunkle Falter kommen dagegen dunkler Rinde ohne Flechtenbewuchs näher.

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Deutlicher Überlebensvorteil

Was aber bedeutet das nun konkret? Um dies zu testen, starteten die Forscher ein Experiment in den Wäldern Großbritanniens, hauptsächlich in Cornwall – einer Gegend, in der gesunde Bäume mit vielen Flechten wachsen. Auf die Rinde dieser Bäume setzten Stevens und seine Kollegen künstliche Falter, die sie mit schmackhaften Leckereien als Köder ausstatteten.

Tatsächlich machten typische Fressfeinde der Birkenspanner Jagd auf diese Attrappen – allerdings deutlich seltener auf Individuen mit schwarz-weißer Körperzeichnung. Ihre Chance zu „überleben“ war im Vergleich zu den dunkel gefärbten Testobjekten 21 Prozent höher. „Die hellen Falter haben demnach einen starken Überlebensvorteil“, konstatiert Stevens Kollegin Olivia Walton.

Theorie bestätigt!

„Unsere Ergebnisse belegen, dass Unterschiede in der Färbung mit Unterschieden in Tarnung und Bejagung einhergehen – und dass die Häufung der dunklen Zeichnung während der industriellen Revolution als Reaktion auf die Verschmutzung der Umwelt entstand. Damit bestätigen wir eines der berühmtesten Beispiele der natürlichen Selektion“, schließt Stevens. (Current Biology, 2018; doi: 10.1038/s42003-018-0126-3)

(University of Exeter, 20.08.2018 – DAL)

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