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Ernährung

Pflanzengifte in Nahrungsergänzungsmitteln

Experten warnen vor schädlichen Pflanzenstoffen in kräuterhaltigen Produkten

Von wegen gesund: Pflanzenbasierte Nahrungsergänzungsmittel können giftige Alkaloide enthalten. © Elenathewise/ iStock.com

Giftige Zutat: Viele kräuterbasierte Nahrungsergänzungsmittel enthalten giftige Pflanzenstoffe – Pyrrolizidinalkaloide, die die Leber schädigen und krebserregend sein können. Das hat jetzt erneut eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung ergeben. Demnach gelangen die Gifte zum einen direkt über die verwendeten Pflanzen, zum anderen über Verunreinigungen in die Produkte. Teilweise können die Alkaloid-Konzentrationen in diesen Mitteln sogar akut toxisch sein.

Sie sind eine raffinierte Waffe der Natur: Mit Pyrrolizidinalkaloiden (PAs) wehren sich viele Pflanzen gegen Fressfeinde. Was für sie äußerst nützlich ist, kann dem Menschen jedoch schaden. Denn in Tierversuchen haben sich einige dieser sekundären Pflanzenstoffe als krebserregend erwiesen. Außerdem können sie in hoher Dosierung zu akuten Leberschädigungen führen.

Nicht nur in Tees

Das Problem: Wir nehmen die für uns giftigen Stoffe regelmäßig über die Nahrung auf. So können sie unter anderem in Honig, Salat, Blattgemüse und Kräutertees enthalten sein: Meist gelangen die Alkaloide dabei durch Verunreinigungen mit anderen Pflanzen in die Lebensmittel.

Wissenschaftler vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnen nun erneut vor einer weiteren bedeutenden Expositionsquelle: Nahrungsergänzungsmitteln. Für eine aktuelle Untersuchung analysierten die Experten, über welche Lebensmittelgruppen Verbraucher besonders hohe Mengen dieser Pflanzengifte aufnehmen – und wurden am häufigsten in solchen Produkten fündig.

Gefährliche Kräuter

Demnach enthielt mehr als die Hälfte aller analysierten Proben Pyrrolizidinalkaloide. Bei einigen dieser Präparate ist dies nicht verwunderlich. Denn bei ihnen stehen PA-bildende Pflanzen auf der Liste der Inhaltsstoffe – zum Beispiel Wasserdost, Huflattich, Beinwell, Borretsch, Lungenkraut, Steinsamen oder Pestwurz.

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Daneben wiesen die Forscher aber zum Beispiel auch in fast allen Präparaten mit Johanneskraut giftige Alkaloide nach. Die oft als Stimmungsaufheller oder zur Beruhigung eingesetzte Heilpflanze bildet selbst keinen für den Menschen giftigen Fraßschutz. Wahrscheinlich rührt die Belastung daher wie bei vielen Lebensmitteln von Verunreinigungen mit anderen Wildpflanzen her, so die Vermutung der Experten.

Akut toxisch

Die Höhe des PA-Gehalts war von Produkt zu Produkt unterschiedlich. In einigen Fällen ergaben die Analysen aber sogar akut gesundheitsschädliche Werte: „In einigen Nahrungsergänzungsmitteln ist der Gehalt so hoch, dass bereits nach kurzfristigem Verzehr toxische Wirkungen möglich sind“, berichtet BfR-Präsident Andreas Hensel. Zu solchen Effekten könne es bei Dosierungen von ein bis drei Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag bereits nach kurzfristiger Aufnahme kommen.

Am stärksten mit Pyrrolizidinalkaloiden belastet war eine Kapsel eines Nahrungsergänzungsmittels, das Wasserdost (Eupatorium cannabinum) als Inhaltsstoff enthielt. Einen gesetzlichen Grenzwert für Pyrrolizidinalkaloide gibt es bis heute zwar nicht. Weil selbst geringe Aufnahmemengen bei regelmäßigem Verzehr theoretisch gesundheitliche Langzeitfolgen nach sich ziehen können, gilt aber das Credo: Je weniger dieser Stoffe man aufnimmt, desto besser.

Am besten verzichten

Um das erreichen zu können, raten Experten Verbrauchern zu einer möglichst abwechslungsreichen Ernährungsweise. Denn wer immer dieselben Produkte verzehrt, erhöht möglicherweise seine Langzeitbelastung. Vielfalt auf dem Teller „verdünnt“ dagegen das Risiko.

In Sachen Nahrungsergänzungsmittel ist es mit Abwechslung nach Ansicht der Fachleute dagegen nicht getan: Das BfR empfiehlt, zumindest auf Produkte auf Basis von PA-bildenden Pflanzen vollständig zu verzichten. Mit einer Ausnahme: In ölbasierten Extrakten von PA-bildenden Pflanzen fanden die Experten keine schädlichen Pflanzengifte.

(BfR, 18.06.2018 – DAL)

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