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Archäologie

Giftiges Trinkwasser in Pompeji?

Blei der römischen Wasserleitung enthält überraschend viel giftiges Antimon

Tranken die Bewohner dieser Villa in Pompeji einst mit Antimon kontaminiertes Trinkwasser? © Patricio Lorente/CC-by-sa 2.5

Giftige Kontamination: Das Trinkwasser des römischen Pompeji war möglicherweise ungenießbar und sogar giftig. Denn im Metall einer antiken Wasserleitung aus Pompeji haben Forscher überraschend hohe Mengen giftigen Antimons entdeckt. Die Konzentrationen waren hoch genug, um beim Genuss von reichlich Trinkwasser zeitweilig Durchfälle, Erbrechen und sogar Organschäden auszulösen, wie die Forscher berichten.

Die Römer sind bekannt für ihr fortgeschrittenes Wassersystem: Frisches Trinkwasser leiteten sie in großen Aquädukten über weite Entfernungen bis in ihre Städte und Siedlungen. In den Straßen und Gebäuden sorgten im Untergrund verlegte Rohre für die Verteilung des Wassers zu öffentlichen Brunnen, in Haushalte und Thermen.

Wasserrohre mit Nebenwirkungen

Gerade dieses erstaunlich moderne Leitungssystem könnte den Römern jedoch auch nachhaltig geschadet haben. Bereits vor einigen Jahren wiesen Forscher nach, dass das Wasser in vielen römischen Städten zumindest zeitweilig stark bleibelastet gewesen sein muss. Das Metall vor allem frisch verlegter Rohre gab das Blei ans Wasser ab.

Diese schleichende Bleivergiftung reichte aber wohl nicht aus, um das römische Reich an den Rand des Niedergangs zu bringen, wie Historiker längere Zeit vermuteten. „Ein Bleirohr setzt sich relativ schnell mit Kalk zu“, erklärt Kaare Lund Rasmussen von der Universität von Süd-Dänemark. „Daher gab es wohl nur kurze Perioden, in denen die Bleibelastung des Trinkwassers hoch war.“

Giftiges Antimon im Bleirohr

Sehr viel schädlicher könnte dagegen ein anderes Schwermetall in den römischen Wasserleitungen gewesen sein, wie Rasmussen herausgefunden hat. Für seine Studie hatte der Forscher ein kleines Stück eines Wasserrohrs aus Pompeji chemisch untersucht. Die Stadt am Fuß des Vulkans Vesuv wurde bei einem Vulkanausbruch im Jahr 79 von Asche und Lava verschüttet und dies hat Alltagsobjekte, Gebäude und auch einige Tote bis heute konserviert.

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In Pompeji gab es viele öffentliche Trinkwasserbrunne wie diesen hier. Gespeist wurden sie über Wasserrohre, die offenbar giftiges ANtimon enthielten. © Radomil/ CC-by-sa 3.0

Die Analysen ergaben: Das Blei des Leitungsrohrs enthielt überraschend hohe Konzentrationen von Antimon. Dieses Halbmetall gilt heute als wertvoller Technologie-Rohstoff, ist aber akut toxisch. Schon in geringen Dosen führt es zu akuten Schäden an Organen wie Leber und Nieren und löst bei Einnahme starke Durchfälle und Erbrechen aus. 200 bis 1.200 Milligramm des Halbmetalls gelten als tödlich.

Erbrechen, Durchfälle und Organschäden

Im Wasserrohr aus Pompeji war genügend Antimon enthalten, um das Trinkwasser der Römer ungenießbar zu machen: „Die Konzentrationen waren definitiv hoch genug, um für die alten Römer zu Problemen zu führen“, berichtet Rasmussen. „Ihr Trinkwasser war eindeutig gesundheitsschädlich.“ Zumindest solange das Wasserohr noch nicht mit Kalk zugesetzt war, könnte genügend Antimon ins Trinkwasser gelangt sein, um aktute Beschwerden hervorzurufen.

Die Bewohner von Pompeji könnten daher zumindest zeitweilig unter Übelkeit und Erbrechen, Durchfällen und schleichenden Leber- und Nierenschäden gelitten haben, vermuten die Forscher. In Pompeji kam verschlimmernd dazu, dass wahrscheinlich nicht nur das Blei der Rohre mit Antimon verunreingt war, sondern auch das in der Stadt und ihrer Umgebung geförderte Grundwasser. Denn gerade in der Nähe von Vulkanen kommt das Halbmetall häufig im Untergrund vor und löst sich dann im Wasser, wie Rasmusssen erklärt.

Vergiftungen auch in anderen Römerstädten?

Die Wissenschaftler wollen nun weitere Leitungsstücke auch aus anderen römischen Städten auf ihren Antimongehalt hin untersuchen. Denn sie vermuten, dass möglicherweise auch die Rohre und das Trinkwasser anderer Orte mit dem giftigen Halbmetall kontaminiert waren. „Es wird aber noch einige Analysen erfordern, bis wir das Ausmaß abschätzen können, in dem die römische Bevölkerung betroffen war“, so der Spezialist für archäologische Chemie. (Toxicology Letters, 2017; doi: 10.1016/j.toxlet.2017.07.876)

(University of Southern Denmark, 23.08.2017 – NPO)

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