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Iraker ohne Nationalbewusstsein

Mittlerer Osten im Wandel

Frau im Dorf Pridawood © UNOHCI-OIP Oil-for-Food

Der Irak ist wie fast alle Nachbarstaaten ein Produkt der politischen Neuordnung nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches am Ende des Ersten Weltkrieges. Die meisten der etwa 23 Millionen Menschen im Irak fühlen sich deshalb nicht als Iraker. Sie identifizieren sich mit anderen Zuschreibungen, zunächst mit der Familie, dann mit dem Stamm. Erst an dritter Stelle steht die Zugehörigkeit zu einer größeren Gruppe.

Hier zählt zum einen die Sprache und damit die ethnische Herkunft: 80 Prozent sind Araber, 16 Prozent Kurden, der Rest Armenier, Assyrer und Turkmenen. Die Menschen des Irak identifizieren sich aber auch über die Religion. Danach sind 55 Prozent der Iraker Schiiten, 40 Prozent Sunniten und etwa fünf Prozent gehören den verschiedensten christlichen Religionsgemeinschaften oder altorientalischen Splitterreligionen an.

Felsbild aus der Region Val Camonica © Luca Giarelli / CC-by-sa 3.0

Minderheiten und religiöse Gegensätze

Besonders die Minderheiten besitzen oft ein ausgeprägtes Gruppenbewusstsein. Früher lebten sie in geschlossenen Siedlungsgebieten. Unter Saddam Hussein sind sie aber oft umgesiedelt worden. Dahinter stand eine zielstrebige "Irakisierungspolitik": Das Regime wollte die ethnische Vielfalt zugunsten eines Nationalbewusstseins zurückdrängen. Da in der Führungsclique aber die Sunniten deutlich dominierten, waren Spannungen mit den beiden anderen großen Gruppen der Schiiten und Kurden stets vorhanden.

Die religiösen Gegensätze zwischen Sunniten und Schiiten begannen mit der frühen Spaltung im Islam, die auf dem Boden des Irak einsetzte. Letztlich geht es hierbei um die rechtmäßige Nachfolge des Propheten. Die wichtigste Bastion der Schiiten ist heute der Iran. Dort gehören mehr als neunzig Prozent der Bevölkerung dieser Richtung an. Die bedeutendsten Pilgerstätten aller Schiiten befinden sich jedoch im Irak, südlich von Bagdad: das Grab Alis in Nadschaf und der Schrein Husseins in Kerbala. Dieses überwiegend dicht besiedelte Zweistromland wird bis zum Golf von Schiiten bewohnt. Bagdad und der Norden sind dagegen Sunniten-Gebiet. So ist auch der größte Teil der Kurden sunnitisch.

Molekularer Stickstoff emittiert blaues Lciht, wenn er mit UV-Licht bestrahlt wird. © Hiroshi Imanaka, University of Arizona

Autonomiestreben der Kurden

Die Kurden leben in den Bergländern des Nordens. Sie definieren sich über ihre rassische Herkunft – angeblich stammen sie von den Medern ab – und über ihre dem Farsi (Persisch) verwandte, indogermanische Sprache. Bei ihnen ist das Bewusstsein der Stammeszugehörigkeit, zu der auch das Recht auf individuelle Bewaffnung zählt, noch besonders stark. Die Kurden leben auch auf den Staatsgebieten der Türkei, Syriens, des Iran und Armeniens. Seit langem streben sie einen eigenen Staat an und geraten damit in Gegensatz zur jeweiligen Staatsmacht. Nur im Norden des Irak haben sie einen gewissen Autonomiestatus erreicht.

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Die Menschen des Irak gehören vielen Volksgruppen an und bekennen sich zu verschiedensten Glaubensrichtungen. In der Hauptstadt Bagdad mit sieben Millionen Einwohnern kommen sie alle zusammen.

(Prof. Dr. Horst Kopp / Institut für Geographie der Universität Erlangen-Nürnberg; Dr. Peter Wittmann / Deutsche Gesellschaft für Geographie (DGfG), 25.04.2003 – Dr. Nicole Schmidt / GFZ Potsdam)

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